Antisemitismus-Gesetz in Kalifornien: Das neue Zeitalter der Überwachung in den USA!

Am 7. Oktober 2025, genau am Jahrestag des Angriffs auf Israel am 7. Oktober, setzte Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom einen historischen Schritt: Er unterzeichnete ein Gesetz, das die Position eines „Koordinators zur Verhinderung von Antisemitismus“ für alle öffentlichen Schulen des Bundesstaates offiziell einführt – ein Novum in den Vereinigten Staaten. Dieses Gesetz zielt darauf ab, Diskriminierung gegenüber jüdischen Schülerinnen und Schülern zu verhindern, Lehrkräfte und Schulverwaltungen in Fragen des Antisemitismus zu schulen und Bildungseinrichtungen stärker in die Verantwortung zu nehmen.
Oktober 19, 2025
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„Antisemitismus-Beauftragte“ an allen öffentlichen Schulen in Kalifornien

Am 7. Oktober 2025, genau am Jahrestag des Angriffs auf Israel am 7. Oktober, hat Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom einen historischen Schritt vollzogen: Er machte die Position eines „Koordinators zur Verhinderung von Antisemitismus“ per Gesetz offiziell – für alle öffentlichen Schulen des Bundesstaates.

Das Gesetz soll Diskriminierung gegen jüdische Schüler verhindern, Lehrkräfte und Schulleitungen im Umgang mit Antisemitismus schulen und Bildungseinrichtungen stärker zur Verantwortung ziehen.
Gleichzeitig hat es jedoch eine heftige Debatte über Meinungsfreiheit und akademische Unabhängigkeit ausgelöst.

Der neue Posten im Detail

Das Gesetz sieht die Einrichtung einer Koordinatorenstelle im Rahmen des California Office of Civil Rights vor. Diese/r Koordinator/in soll:

Programme zur Bekämpfung von Antisemitismus an allen öffentlichen Schulen (K–12) überwachen, verpflichtende Schulungen zu Antisemitismus und Hassrede für Lehrkräfte organisieren, die Verwendung diskriminierender Materialien im Unterricht verhindern, Beschwerden über Diskriminierung verfolgen und jährliche Berichte erstellen, bei Bedarf administrative Sanktionen oder Korrekturmaßnahmen empfehlen.

Die Ernennung erfolgt direkt durch den Gouverneur, mit Zustimmung des Senats – was die Einflussmöglichkeiten des Gouverneurs auf die Bildungspolitik deutlich stärkt.

Die treibende Kraft: JPAC und die Lobbydynamik

Die wichtigste Rolle bei der Ausarbeitung des Gesetzes spielte das Jewish Public Affairs Committee of California (JPAC), eine einflussreiche Lobbyorganisation mit engen Verbindungen zum nationalen AIPAC (American Israel Public Affairs Committee).

JPAC bezeichnete das Gesetz als einen „historischen Schritt im Kampf gegen Antisemitismus“. Die Organisation argumentiert, dass antisemitische Vorfälle insbesondere an Schulen und Universitäten in den letzten Jahren zugenommen hätten – und dass die Maßnahme daher überfällig sei.

Das Gesetz wurde sowohl im Abgeordnetenhaus als auch im Senat von Kalifornien einstimmig angenommen – ein seltener Moment der Einigkeit in der zunehmend polarisierten US-Politik.
Unterstützt wurde es von jüdischen, lateinamerikanischen, asiatischen und afroamerikanischen Fraktionen.

Bei der Unterzeichnung erklärte Newsom, an Schulen dürfe es „keinen Platz für Hass“ geben und das Gesetz werde „ein sicheres Umfeld für alle Schüler schaffen“.

Kritik: Einschränkung der Meinungsfreiheit?

Doch nicht alle begrüßen das neue Gesetz. Die California Faculty Association und mehrere Bürgerrechtsgruppen warnen, dass es die freie Meinungsäußerung im Unterricht gefährden könnte.

Im Zentrum der Kritik steht die Sorge, dass der Begriff „Antisemitismus“ zu weit gefasst werden könnte – und Kritik an der israelischen Regierungspolitik darunterfallen könnte.

Diskussionen über den israelisch-palästinensischen Konflikt könnten schnell als „antisemitisch“ gemeldet werden.

Die Vorgabe „faktenbasierter Inhalte“ könnte Lehrkräften die Möglichkeit nehmen, kritisches Denken oder alternative Perspektiven zu fördern.

Der Rechtswissenschaftler George Bisharat schrieb in der San Francisco Chronicle:

„Dieses Gesetz birgt das Risiko, jede Kritik an der israelischen Regierung als Hassrede zu brandmarken. Der Raum für freie akademische Diskussionen könnte erheblich schrumpfen.“

Politischer Kontext

Die Initiative entstand im Nachgang des Hamas-Angriffs vom 7. Oktober 2023 und der darauf folgenden Protestwelle an US-Universitäten.
Berichte über antisemitische Vorfälle an kalifornischen Hochschulen nahmen zu – worauf die Regierung Newsom das Gesetz als „gesellschaftliche Notwendigkeit“ präsentierte.

Pro-palästinensische Gruppen sehen das jedoch anders: Ihrer Meinung nach wird der Begriff „Antisemitismus“ instrumentalisiert, um kritische Stimmen zu Israel und die Debatte über die Lage der Palästinenser zu unterdrücken.

Sie warnen davor, dass das Gesetz eine „einseitige Erzählung“ über Israel festschreiben und ein Klima der Angst und Selbstzensur unter Lehrkräften schaffen könnte.

Ein neues Zeitalter der Überwachung?

Das kalifornische Gesetz über den „Koordinator zur Verhinderung von Antisemitismus“ ist das erste seiner Art in den USA.
Für jüdische Organisationen ist es ein mutiger Schritt gegen Hass und Ausgrenzung – doch Kritiker sehen darin den Beginn eines neuen Zensur- und Überwachungszeitalters.

Ob der Koordinator tatsächlich Antisemitismus bekämpfen oder zu einem Instrument ideologischer Kontrolle im Bildungssystem werden wird, zeigt sich ab 2026, wenn das Gesetz in Kraft tritt.

Die Antwort auf diese Frage könnte die Zukunft der Bildungsfreiheit in Kalifornien – und vielleicht der gesamten USA – bestimmen.

Bekir Gündoğdu

Forscher-Autor. Er hat in verschiedenen Positionen in den Bereichen Politik, Zivilgesellschaft und Medien gearbeitet. Derzeit ist er weiterhin als Redakteur im Bereich Neue Medien und Online-Publishing tätig.
E-Mail: [email protected]

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