Wie verändert sich das Machtverhältnis im Sudan Bürgerkrieg?

Die Konflikte im Sudan sind noch nicht zu Ende, jedoch hat die Reaktion auf die Menschenrechtsverletzungen der HDK, insbesondere in Darfur, Khartum und Gezira, sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene, ein düsteres Bild für die Zukunft der paramilitärischen Kräfte gezeichnet. Es wird vermutet, dass die VAE ihre Unterstützung für diese Formation zurückziehen könnte oder zumindest, dass diese Unterstützung schwerwiegende politische Konsequenzen haben könnte. Die Rolle, die die Türkei zugunsten der sudanesischen Armee spielt, verändert jedoch langsam, aber stetig das Kräfteverhältnis auf dem Schlachtfeld.
März 12, 2025
SOUTHSUDAN-UNREST/
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Die seit April 2023 andauernden Konflikte im Sudan haben einen der blutigsten Bürgerkriege des Landes in den letzten Jahrzehnten hervorgebracht. Dieser Konflikt manifestiert sich als ein Machtkampf zwischen den sudanesischen Streitkräften (der Armee) und den Schnell-Eingreifkräften (HDK), der immer komplexer wird. Die HDK, die seit langem eine starke Präsenz auf der sudanesischen politischen Bühne hat, wurde in den 2010er Jahren von dem ehemaligen Präsidenten Omar al-Bashir institutionalisiert. Ihre Ursprünge reichen jedoch bis zu den Janjaweed-Milizen in Darfur zurück. Angesichts der jüngsten Entwicklungen zeigt sich, dass die sudanesische Armee auf dem Schlachtfeld Fortschritte macht, während die HDK zu schwinden beginnt. Es wird zunehmend deutlich, dass die Waffen-, Finanz- und diplomatische Unterstützung der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) für die HDK nicht mehr die erwarteten Ergebnisse bringt und diese Unterstützung auf internationaler Ebene zu einem großen Problem geworden ist. Sogar der sudanesische Staat hat die VAE beim Internationalen Gerichtshof (IGH) verklagt und sie beschuldigt, direkt an den im Land begangenen Verbrechen beteiligt zu sein. Andererseits zieht die zunehmend tiefere Beziehung zwischen der Türkei und der sudanesischen Regierung die Aufmerksamkeit auf sich und bringt eine neue Dynamik in den Verlauf des Konflikts. Besonders die militärische Unterstützung und der Drohnenverkauf, den die Türkei der sudanesischen Armee bietet, haben zu einer Wendung zugunsten der Armee auf dem Schlachtfeld geführt.

Die Ursprünge der HDK und Menschenrechtsverletzungen in Darfur

Das Verständnis der Ursprünge der HDK hilft dabei, die Kette der Menschenrechtsverletzungen, die von Darfur bis in die Gegenwart reicht, besser zu begreifen. Die HDK ist weitgehend aus den Janjaweed-Milizen hervorgegangen, die während des „Darfur-Völkermords“ von 2003 bis 2005 eine aktive Rolle spielten. Diese Milizen waren eine Formation, die außerhalb der Kontrolle der zentralen Regierung operierte und durch ethnische Säuberung sowie Menschenrechtsverletzungen in die Schlagzeilen geriet. Die Regierung von Omar al-Bashir gründete 2013 unter dem Namen „Schnell-Eingreifkräfte“ (Rapid Support Forces, RSF) eine Organisation, um die Janjaweed offiziell zu integrieren.

Die lokalen Gemeinschaften in Darfur, insbesondere afrikanische Stämme wie die Fur, Masalit und Zaghawa, waren systematischen Angriffen, Plünderungen, sexueller Gewalt und Zwangsvertreibungen ausgesetzt. Berichten internationaler Menschenrechtsorganisationen zufolge gehören zu den von der HDK begangenen Verbrechen gegen Zivilisten weit verbreitete Vergewaltigungen, Hinrichtungen, absichtliche Aushungerung und das Verbrennen von Dörfern. Dieses Erbe deutet darauf hin, dass die HDK auch im Bürgerkrieg 2023 die gleiche Strategie anwendet. Tatsächlich wurden seit Beginn des Konflikts Massaker an Zivilisten in Städten wie El-Fasher, Nyala, El-Geneina und Zalingei in Darfur gemeldet. Es wird berichtet, dass Tausende von Zivilisten getötet, vertrieben und humanitäre Krisen ausgelöst wurden.

Fortlaufende Verbrechen in Khartum und Gezira

Die Menschenrechtsverletzungen der HDK beschränken sich nicht nur auf Darfur, sondern haben auch in großen Städten verheerende Folgen. Das „Khartum-Dreieck“ (Khartum, Bahri und Omdurman) war von den ersten Tagen des Konflikts an ein Zentrum paramilitärischer Angriffe. Die Plünderung strategischer Gebäude, ziviler Siedlungen und Infrastruktureinrichtungen sowie willkürliche Gewalt gegen Zivilisten wurden in dieser Region häufig gemeldet.

In letzter Zeit gibt es zahlreiche Berichte und Zeugenaussagen, die darauf hinweisen, dass die HDK besonders in der Region Gezira Dörfer überfallen und Massaker begangen hat. In Dörfern wie Alseriha wird behauptet, dass die HDK systematische Vergewaltigungen, Folterungen und Plünderungen durchgeführt und Hunderte von Menschen getötet hat. Diese Angriffe werden als eine Terrorstrategie der HDK in Gebieten interpretiert, in denen die sudanesische Armee noch keine vollständige Kontrolle erlangt hat. Gleichzeitig zeigt diese Welle von Gewalt, dass die HDK eine Art „Rache“ ausübt, da der hochrangige Kommandant der HDK in Gezira, Abu Akla Kikal, zur sudanesischen Armee übergelaufen ist, was die HDK dazu veranlasst haben könnte, Zivilistensiedlungen anzugreifen.

Berichte der Vereinten Nationen belegen auch, dass die HDK sexuelle Gewalt als bewusst eingesetzte Waffe verwendet. Dies zeigt, dass die HDK eine Politik verfolgt, die darauf abzielt, Angst unter Zivilisten zu verbreiten. Fälle von massiver Vergewaltigung von Mädchen und Frauen, die Zwangsrekrutierung von Kindern und die Blockierung des Zugangs von älteren Menschen und Menschen mit Behinderungen zu humanitärer Hilfe verstoßen gegen zahlreiche Normen des internationalen Rechts.

Die Intervention der VAE und die Beschwerde vor dem IGH

In letzter Zeit hat die sudanesische Armee aufgrund der fortgesetzten Unterstützung der VAE für die HDK offiziell die VAE beschuldigt und den Fall vor den Internationalen Gerichtshof (IGH) gebracht. Der sudanesische Staat hat ein umfassendes Dossier vorbereitet, das behauptet, dass die VAE „direkt in Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verwickelt sind“. In diesem Dossier werden Beweise dafür vorgelegt, wie schwere Waffen, gepanzerte Fahrzeuge, Drohnen und logistische Materialien, die angeblich von den VAE stammen, in den Besitz der HDK gelangt sind.

Die VAE sind seit langem aktiv im Sudan, insbesondere um strategischen Einfluss über die Küstengebiete und das Rote Meer zu erlangen. Besonders nach dem Putsch gibt es zahlreiche Berichte, dass sie die entstandene Machtlücke genutzt haben, um in paramilitärische Gruppen zu investieren. Neben finanziellen und militärischen Hilfen wird vermutet, dass die VAE auch diplomatische Kanäle genutzt haben, um den internationalen Druck auf die HDK zu verringern. Doch die jüngsten Massaker in Darfur und andere systematische Angriffe auf Zivilisten machen es nahezu unmöglich, diese Unterstützung auf internationaler Ebene zu verteidigen. Einige westliche Staaten, allen voran die USA, sollen die VAE auch gewarnt haben, „Waffenverkäufe einzuschränken“, jedoch wurde bisher kein Mechanismus geschaffen, um diese Maßnahmen durchzusetzen.

Es gibt schwerwiegende Vorwürfe, dass die VAE in ihrer Außenpolitik in der Horn von Afrika bis hin nach Libyen mit paramilitärischen Gruppen zusammenarbeiten. Militärische Unterstützung für Khalifa Haftar in Libyen und ihre Interventionen im Jemen sind Beispiele für diese Politik. Die Unterstützung der HDK im Sudan kann als Teil dieser strategischen Linie betrachtet werden. Allerdings definiert die Regierung in Khartum diese Politik der VAE als eine „offene Intervention in die Souveränität des Landes“.

Der Vormarsch der sudanesischen Armee: Ändert sich der Verlauf des Krieges?

Ab Mitte 2024 startete die sudanesische Armee intensivere militärische Operationen in Khartum und dessen Umgebung, in einigen Regionen von Darfur sowie im Osten des Landes. Besonders im Zentrum von Khartum und der Region Omdurman wird berichtet, dass die HDK aufgrund der Luft- und Bodenoperationen der sudanesischen Armee signifikante Rückschläge erlitten hat, verglichen mit der früheren Dominanz der HDK in diesen Gebieten. Ebenso werden im Norden von Darfur, in Städten wie El-Fasher, Fortschritte vermeldet, da die sudanesische Armee strategische Positionen eingenommen hat, trotz der Belagerung durch die HDK.

Darüber hinaus gibt es Berichte, dass die Armee in der Region Gezira ihre Verteidigungsstellungen in einigen Gebieten verstärkt hat und in anderen Gebieten Gegenangriffe gestartet hat. Berichten zufolge hat die Türkei, wie auch andere Länder, der Armee unbemannte Luftfahrzeuge (Drohnen) und andere technische Unterstützung bereitgestellt, was der Armee einen erheblichen Vorteil verschafft haben soll. Laut Feldberichten haben die türkischen bewaffneten Drohnen gezielte Angriffe auf die Versorgungswege und Munitionslager der HDK durchgeführt, was die logistische Kapazität der HDK erheblich geschwächt hat.

An diesem Punkt bleibt es unklar, wie sich das militärische Gleichgewicht zwischen der Armee und der HDK langfristig entwickeln wird. Es gibt weiterhin Berichte, dass die HDK sowohl von den VAE als auch von anderen externen Akteuren – wenn auch indirekt – weiterhin Materialhilfe erhält. Zudem stellt die Fähigkeit paramilitärischer Kräfte, in zivile Gebiete einzudringen und neue Fronten zu eröffnen, einen Faktor dar, der den städtischen Konflikt verlängern könnte. Dennoch deutet das aktuelle Bild darauf hin, dass sich ein klarer Vorteil für die Armee abzeichnet.

Die Rolle der Türkei und ihre Militärhilfe

Seit Beginn des Bürgerkriegs in Sudan im Frühjahr 2023 hat die Türkei diplomatisch die Seite der sudanesischen Regierung eingenommen. In der Vergangenheit hatte die Türkei bereits mit Sudan in Bereichen wie Landwirtschaft und Verteidigungsindustrie zusammengearbeitet, und diese Beziehungen wurden trotz des Sturzes des Regimes von Omar al-Bashir im Jahr 2019 aufrechterhalten und erneuert. Die Gespräche zwischen Präsident Recep Tayyip Erdoğan und dem sudanesischen Präsidenten Abd al-Fattah al-Burhan zeigen, dass die Verteidigungskooperation zwischen den beiden Ländern vertieft wurde.

Insbesondere wird bestätigt, dass die Türkei militärisches Material und Technologie nach Sudan geliefert hat. Laut öffentlichen Informationen haben die von der Türkei gelieferten bewaffneten Drohnen (SİHA) den sudanesischen Streitkräften erhebliche Luftunterstützung verschafft und die manövrierfähigkeiten der HDK in urbanen Gebieten eingeschränkt. Darüber hinaus wird angegeben, dass die Türkei Sudan auch in den Bereichen Logistik und Geheimdiensthilfe unterstützt hat. Diese Unterstützung kann als Teil von Ankaras erweiterter Afrika-Strategie interpretiert werden.

Andererseits hat die türkische Präsenz in der Region die Aufmerksamkeit regionaler Mächte wie Ägypten, Saudi-Arabien und den VAE auf sich gezogen. Auch wenn die Türkei ihre Rolle in Sudan als „auf Einladung der legitimen Regierung und im Einklang mit internationalem Recht“ beschreibt, wird dies von einigen regionalen Akteuren, die die Türkei als Rivalen betrachten, als ein Wettstreit um Einfluss wahrgenommen und international so dargestellt. Für Ankara wird Sudan sowohl aufgrund seiner geopolitischen Bedeutung im strategischen Rotmeer-Korridor als auch wegen langfristiger wirtschaftlicher Potenziale als wertvoller Partner angesehen.

Schlussfolgerung und Bewertung

In Bezug auf den aktuellen Stand des Bürgerkriegs in Sudan stößt die Gewalt und die Verbrechen der HDK, die sich landesweit ausbreiten, sowohl auf nationale als auch internationale Empörung. Besonders in Darfur und Gezira sind die Zivilisten Massakern, systematischen Vergewaltigungen und Zwangsvertreibungen ausgesetzt, die in Berichten von Menschenrechtsorganisationen als „Völkermord“ bezeichnet werden. Der sudanesische Staat hat behauptet, dass die VAE in diesem Prozess „direkt mitschuldig“ sind, und den Fall vor den Internationalen Gerichtshof gebracht. Angesichts der internationalen politischen und wirtschaftlichen Macht der VAE ist jedoch unklar, wie der Fall entschieden wird.

Auf der anderen Seite hat sich der Kriegsverlauf langsam zugunsten der sudanesischen Armee verändert. Obwohl die USA und einige westliche Staaten diplomatische Anstrengungen unternehmen, um den Konflikt zu beenden, wurde noch kein dauerhafter Waffenstillstand erzielt. Der Verlust der Unterstützung für die HDK und die nachlassende Legitimität dieser paramilitärischen Gruppe sowie die Überprüfung der internationalen Finanzierungsquellen bieten der Armee taktische Vorteile. Inzwischen hat die Türkei durch die Lieferung von bewaffneten Drohnen und Geheimdiensthilfe die sudanesische Armee erheblich gestärkt. Die zunehmenden Gespräche zwischen Präsident Erdoğan und Präsident Burhan deuten darauf hin, dass diese Verteidigungszusammenarbeit weiter fortgesetzt wird.

Insgesamt befindet sich der Sudan immer noch in einem Zustand des Bürgerkriegs, aber die Reaktion auf die Menschenrechtsverletzungen der HDK, insbesondere in Darfur, Khartum und Gezira, zeigt ein düsteres Bild für die Zukunft dieser paramilitärischen Gruppe. Es wird spekuliert, dass die VAE ihre Unterstützung für diese Formation möglicherweise zurückziehen müssen, was zu schweren politischen Konsequenzen führen könnte. Die Rolle der Türkei, die zugunsten der sudanesischen Armee agiert, verändert die militärische Lage allmählich, aber stabil. Dies könnte den Verlauf des Bürgerkriegs im Sudan in naher Zukunft klarer gestalten und zu einer Wiederherstellung der Kontrolle durch die Armee führen. Allerdings bleibt dies ein langfristiger Prozess, und die Friedensinitiativen der internationalen Gemeinschaft, humanitäre Hilfe und diplomatische Druckmaßnahmen könnten weiterhin entscheidend sein.

Mehmet Rakipoğlu

Dr. Mehmet Rakipoğlu schloss 2016 sein Studium im Bereich Internationale Beziehungen an der Sakarya Universität ab. Seine Dissertation mit dem Titel „Verteidigungsstrategie in der Außenpolitik: Die Beziehungen Saudi-Arabiens zu den USA, China und Russland nach dem Kalten Krieg“ wurde erfolgreich abgeschlossen. Rakipoğlu arbeitete als Direktor für Türkei-Studien am Mokha Center for Strategic Studies und ist derzeit Dozent an der Abteilung für Politikwissenschaft und Internationale Beziehungen an der Mardin Artuklu Universität.

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