Wie das Vereinigte Königreich zum Völkermord Israels in Gaza beiträgt

Das Vereinigte Königreich zeigt eine vielschichtige Mittäterschaft am Völkermord Israels in Gaza: durch seine historische Verantwortung, die bis zur Balfour-Deklaration von 1917 zurückreicht, durch politische Unterstützung, militärische und nachrichtendienstliche Zusammenarbeit, durch Völkermordleugnung und Versuche, das Geschehen in den Medien zu legitimieren. Diese Politik, die das Völkerrecht offen verletzt, macht das Vereinigte Königreich nicht nur moralisch, sondern auch rechtlich verantwortlich. Großbritannien bleibt entschlossen, Netanjahus Israel zu schützen – und zerstört dabei weiterhin die internationale Ordnung und das Rechtssystem.
Oktober 7, 2025
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Während Israels Völkermord an der Bevölkerung Gazas mit unverminderter Brutalität andauert, schreiben das Schweigen der Staaten und die Unterstützung globaler Mächte wie der USA ein neues Kapitel der Schande in die Geschichte. Unter diesen Unterstützern ist das Vereinigte Königreich eines der Länder mit der größten historischen Verantwortung. Großbritannien beschränkt sich nicht darauf, dem Völkermord und der Besatzung Palästinas tatenlos zuzusehen; es ist seit fast einem Jahrhundert durch direkte und indirekte Hilfe an Völkermord, Besatzung und ethnischer Säuberung aktiv beteiligt – und damit ein Komplize Israels.

Historische Wurzeln: Vom Kolonialismus zum Völkermord

Die Rolle Großbritanniens bei der Verwandlung Palästinas in eine chronische Tragödie reicht zurück bis zur Balfour-Deklaration von 1917. In diesem Dokument unterstützte der damalige Außenminister Arthur Balfour „die Errichtung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina“ – eine Formulierung, die die Rechte der einheimischen Bevölkerung auf britisch-mandatiertem Gebiet vollkommen ignorierte und ein Produkt kolonialer Denkweise war. Die brutale Niederschlagung des Arabischen Aufstands von 1936–1939 zeigte das Ausmaß britischer Kolonialgewalt. Wie Caroline Elkins in ihrem Werk Legacy of Violence („Das Erbe der Gewalt“) dokumentiert, zerstörten britische Truppen unter den Notstandsverordnungen tausende palästinensische Häuser, errichteten Internierungslager, folterten Gefangene und exekutierten Hunderte.

Mit dem Ende des britischen Mandats im Jahr 1948 wurden 750.000 Palästinenser gewaltsam von ihrem Land vertrieben. Diese ethnische Säuberung, bekannt als Nakba („Die Große Katastrophe“), war eine direkte Folge britischer Politik. Großbritannien hatte die palästinensische Bevölkerung entwaffnet, ihre Führer ins Exil geschickt und den zionistischen Milizen den Boden für ihre Vertreibungsoperationen bereitet.

Waffen, Geheimdienst und politische Unterstützung

Heute krönt das Vereinigte Königreich seine historische Verantwortung mit aktiver Unterstützung des Völkermords. Eine Untersuchung der Plattform Declassified UK, die für ihre Enthüllungen über die britisch-israelische Zusammenarbeit bekannt ist, ergab, dass Aufklärungsflugzeuge der Royal Air Force seit Dezember 2023 über 500 Einsätze über dem Gazastreifen geflogen sind. Diese Flüge liefern Geheimdienstinformationen, die es Israel ermöglichen, zivile Ziele präziser anzugreifen. Obwohl die britische Regierung behauptet, die Missionen dienten ausschließlich der Rettung von Geiseln, ist auffällig, dass die Flüge unmittelbar vor Israels Angriff auf das Flüchtlingslager Nuseirat – bei dem 274 Palästinenser getötet wurden – stark zunahmen.

Neben der Geheimdienstkooperation setzt Großbritannien auch seine Waffenlieferungen an Israel fort. Obwohl die Labour-Regierung vor den Wahlen ein Waffenembargo gegen Israel versprochen hatte, scheint sie dieses Versprechen nach ihrem Amtsantritt vergessen zu haben. Trotz der teilweisen Aussetzung von Exportlizenzen im September 2024 erteilte London in den folgenden drei Monaten Genehmigungen für militärische Ausrüstung im Wert von 127,6 Millionen Pfund – mehr als in den gesamten vier Jahren zwischen 2020 und 2023 zusammen.

Auch politisch wird Israel von Großbritannien konsequent geschützt. Besonders auffällig ist hierbei die enge Zusammenarbeit der Regierung mit der jüdischen Lobby. Mehr als die Hälfte des Kabinetts von Premierminister Keir Starmer soll nach Medienberichten finanzielle Unterstützung aus pro-israelischen Kreisen erhalten haben. Die mutmaßlichen Summen: Premierminister Keir Starmer – 50.000 Pfund, Außenminister David Lammy – 32.640 Pfund, Finanzministerin Rachel Reeves – 37.710 Pfund, Bildungsministerin Bridget Philipson – 60.000 Pfund, Kulturministerin Lisa Nandy – 52.000 Pfund sowie zahlreiche weitere Minister. Diese finanziellen Verbindungen erklären, warum die Regierung sich so zurückhaltend mit Kritik an Israel zeigt. Starmer stimmte im November 2023 bei der UN-Resolution zu einem Waffenstillstand in Gaza nur mit Enthaltung, unterstützt weiterhin die Gruppe Labour Friends of Israel und weigerte sich, eine Verpflichtung zur Beendigung der Waffenverkäufe an Israel zu unterzeichnen.

Darüber hinaus weigert sich das Vereinigte Königreich, die Ereignisse in Gaza als Völkermord zu bezeichnen. London lehnt die Berichte neutraler und anerkannter Institutionen wie der Vereinten Nationen, Amnesty International und der International Association of Genocide Scholars ab – ein klarer Verstoß gegen internationales Recht. Der Internationale Gerichtshof (IGH) hatte im Januar 2024 in einer einstweiligen Verfügung offiziell festgestellt, dass in Gaza ein ernsthaftes Risiko eines Völkermords besteht. Dennoch erklärte Außenminister David Lammy in einem Schreiben vom September 2025, „Großbritannien sei zu der Einschätzung gelangt, dass in Gaza kein Risiko eines Völkermords bestehe“. Diese Aussage kommt einer Leugnung des Völkermords gleich und stellt eine eklatante Verletzung der Verpflichtungen Großbritanniens aus der Völkermordkonvention von 1948 dar, die zur Verhinderung und Bestrafung von Völkermord verpflichtet.

Anerkennung Palästinas

Angesichts der massiven Kritik aus der eigenen Bevölkerung und vonseiten der internationalen Gemeinschaft für ihre fortgesetzte Unterstützung Israels verkündete die britische Regierung die Anerkennung des palästinensischen Staates. Am 22. September 2025 wurde dieser Schritt als ein „historischer Moment“ bezeichnet – doch angesichts des anhaltenden Völkermords in Gaza bleibt er unzureichend. Die fortgesetzte Unterstützung Israels, das den Völkermord ausführt, zeigt, dass die Anerkennung Palästinas rein symbolischer Natur ist. Zudem ist die Anerkennung der von Mahmud Abbas geführten Palästinensischen Autonomiebehörde, die das palästinensische Volk längst nicht mehr legitim vertritt, ohne ein umfassendes Waffenembargo und Sanktionen gegen Israel inhaltsleer. Dass die Labour-Regierung trotz der formellen Anerkennung Palästinas weiterhin Waffen an Israel liefert, wirft ernste Fragen über ihre tatsächlichen Absichten auf.

Medien und öffentliche Meinung

Auch die britischen Medien spielen eine aktive Rolle bei der Legitimierung der israel-freundlichen Politik der Regierung. Die überwältigende Mehrheit der großen Medienhäuser in Großbritannien reproduziert durch ihre Berichterstattung und redaktionelle Linie systematisch die Narrative der israelischen Regierung. Besonders deutlich wurde dies, als die BBC nach der gezielten Tötung des Al Jazeera-Reporters Anas al-Sharif durch israelische Streitkräfte behauptete, al-Sharif habe für das „Medienteam der Hamas“ gearbeitet. Diese Formulierung zeigt, wie weit sich die BBC von journalistischer Neutralität entfernt und faktisch Propaganda zugunsten Israels betreibt. Der ehemalige BBC-Journalist Mohammed Shalabi trat nach diesem Vorfall zurück und erklärte, die BBC verbreite Israels Behauptungen, ohne sie kritisch zu überprüfen – ein weiteres Beispiel dafür, wie stark große Teile der britischen Medienlandschaft im Interesse Israels agieren.

Gewerkschaften und zivilgesellschaftlicher Widerstand

Trotz der israelfreundlichen Politik der britischen Regierungen und der überwältigenden Mehrheit der Medien ist sich die britische Zivilgesellschaft ihrer historischen Verantwortung bewusst. Der Gewerkschaftsbund (Trades Union Congress) fasste unter dem Motto „Steuern für Menschen, nicht für Waffen“ einen historischen Beschluss gegen die Erhöhung der Verteidigungsausgaben. Hunderttausende Menschen protestierten auf den Straßen Londons gegen Israels Völkermord, im ganzen Land fanden Streiks und Boykottkampagnen statt. Unter der Führung des ehemaligen Labour-Vorsitzenden Jeremy Corbyn dokumentierte das sogenannte Gaza Tribunal die Rolle Großbritanniens bei Kriegsverbrechen.

Mark Smith, ein hoher Beamter des Außenministeriums, trat zurück und enthüllte, dass Berichte über die Rechtmäßigkeit britischer Waffenexporte regelmäßig „geschönt“ wurden, um sie weniger belastend erscheinen zu lassen. Dieser Widerstand der britischen Zivilgesellschaft gegen die Komplizenschaft der Regierung zeigt, dass – entgegen der offiziellen Politik – im Gewissen des Volkes die Gerechtigkeit der palästinensischen Sache Anerkennung findet. Hoffnung auf Veränderung wächst aus den Straßen, aus den Gewerkschaften und aus dem Mut jener, die sich innerhalb des Systems gegen Unrecht stellen.

Schlussfolgerung

Das Vereinigte Königreich zeigt eine vielschichtige Mittäterschaft am Völkermord Israels in Gaza: durch seine historische Verantwortung, die bis zur Balfour-Deklaration von 1917 zurückreicht, durch politische Unterstützung, militärische und nachrichtendienstliche Zusammenarbeit, durch Völkermordleugnung und durch mediale Legitimierungsversuche. Diese Politik, die das Völkerrecht offen verletzt, macht Großbritannien nicht nur moralisch, sondern auch rechtlich verantwortlich. Das Land bleibt entschlossen, Netanjahus Israel zu schützen – und zerstört dabei weiterhin die internationale Ordnung und das Rechtssystem.

Dr. Mehmet Rakipoğlu

Dr. Mehmet Rakipoğlu schloss 2016 sein Studium im Bereich Internationale Beziehungen an der Sakarya Universität ab. Seine Dissertation mit dem Titel „Verteidigungsstrategie in der Außenpolitik: Die Beziehungen Saudi-Arabiens zu den USA, China und Russland nach dem Kalten Krieg“ wurde erfolgreich abgeschlossen. Rakipoğlu arbeitete als Direktor für Türkei-Studien am Mokha Center for Strategic Studies und ist derzeit Dozent an der Abteilung für Politikwissenschaft und Internationale Beziehungen an der Mardin Artuklu Universität.

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