Die letzten heulenden Raketen am Himmel des Nahen Ostens erzählen eine Geschichte, die älter ist als Israel oder Amerika.
Während iranische ballistische Raketen Israels Verteidigung durchdringen und israelische Jets die Nuklearanlagen Teherans bombardieren, sind wir Zeugen dessen, was der Historiker Ilan Pappe als die „letzte Phase des Zionismus“ bezeichnet: Ein letzter, verzweifelter Versuch, durch Gewalt zu vollenden, was Jahrzehnte politischer Bemühungen nicht erreichen konnten. Doch es geht nicht nur um Israel. Dies ist eine Geschichte zweier Mächte im Niedergang, gefangen in einer der gefährlichsten wechselseitigen Abhängigkeiten der Geschichte.
Während iranische Raketen israelische Städte ins Visier nehmen und Donald Trump Angriffe auf Irans Nuklearanlagen befiehlt, geraten Amerika und Israel in ein Szenario, das von Historikern der Imperien als klassisches Muster beschrieben wird: Verbündete Mächte, die in eine Spirale gegenseitiger Zerstörung gezogen werden; bei der jede Eskalation den Rückzug unmöglicher und das Überleben unwahrscheinlicher macht.
So sieht der Zusammenbruch eines Imperiums aus, wenn es sich nicht mehr zurückziehen kann.
Die letzte Phase definieren
Pappes Konzept des „Neo-Zionismus“ bietet eine entscheidende Linse, um diesen Moment zu verstehen. Im Gegensatz zum säkularen Nationalismus des klassischen Zionismus steht der Neo-Zionismus für etwas weitaus Gefährlicheres:
„Eine extremere, viel aggressivere Form als zuvor; ein Ansatz, der versucht, in kurzer Zeit zu erreichen, was frühere zionistische Generationen schrittweise und über längere Zeit verwirklichen wollten.“
Dies ist nicht nur eine Intensivierung, sondern eine vollständige Transformation. Akademische Studien zeigen, dass sich nach 1967 ein Wandel vollzog – vom pragmatischen Staatsaufbau hin zu einem messianischen Expansionismus, vom Schutzsuchenden hin zum imperialen Anspruch. Während der klassische Zionismus noch nach einem Kompromiss innerhalb der bestehenden internationalen Ordnung suchte, lehnt der Neo-Zionismus diese Strukturen offen ab.
Die Bewegung beansprucht heute nicht nur das historische Palästina, sondern auch eine regionale Vorherrschaft, gestützt auf biblische Gebote und militärische Überlegenheit.
Die Parallele zu den USA ist ebenso frappierend. Während frühere Regierungen versuchten, die Konflikte im Nahen Osten zu managen, spiegelt Trumps Ansatz exakt die neo-zionistische Logik wider: maximaler Druck, militärische Lösungen, Ablehnung diplomatischer Beschränkungen. Wenn israelische Beamte sagen: „Die gesamte Operation basiert auf der Tatsache, dass die USA sich irgendwann anschließen werden“, sprechen sie nicht von einem Bündnis, sondern von einer wechselseitigen Abhängigkeit zur existenziellen Absicherung.
Beide Bewegungen zeigen nun die Merkmale dessen, was Historiker als „Endphase“ eines Imperiums bezeichnen: unerfüllbare territoriale Forderungen, militärische Lösungen für politische Probleme, die Ablehnung des Völkerrechts. Roms Expansion ins Germanien während der Spätantike. Großbritanniens verzweifeltes Festhalten an Indien. Und heute: der Kurs Amerikas und Israels. Mächte, die nun mit Gewalt zu erzwingen versuchen, was sie nicht mehr durch Zustimmung erreichen können.
Bündnis der Wechselseitigen Abhängigkeit: Vom Strategischen zum Existenziellen
Die Beziehungen zwischen den USA und Israel waren ursprünglich keine existenzielle wechselseitige Abhängigkeit. Truman erkannte Israel 1948 zwar an, verweigerte jedoch während des Arabisch-Israelischen Kriegs die Lieferung von Waffen. Dwight Eisenhower drohte 1957 sogar damit, Israel aus den Vereinten Nationen auszuschließen. Selbst John F. Kennedy, der den Begriff der „besonderen Beziehung“ prägte, forderte nukleare Kontrolle im Austausch für Verteidigungswaffen.
Die Transformation begann 1967. Israels Sieg im Sechstagekrieg fiel zeitlich mit Amerikas immer tieferem Sumpf in Vietnam zusammen und führte zu einem gegenseitigen Bedürfnis: Israel wurde zum Stellvertreter Amerikas im Nahen Osten, Amerika zum globalen Schutzpatron Israels. Was als strategische Zweckmäßigkeit begann, entwickelte sich allmählich zu einer ideologischen Synthese.
Eine entscheidende Rolle spielte dabei die religiöse Dimension. Der christliche Zionismus verlieh einer ansonsten machtpolitisch motivierten Beziehung eine theologische Legitimation. Beide Bewegungen bedienen sich inzwischen biblischer Narrative – die Vorstellung der amerikanischen Einzigartigkeit vereint sich mit der Rückkehr der Juden nach Zion und dient so als Rechtfertigung für imperiale Projekte, die internationales Recht und demokratische Normen verletzen.
Heute hat dieses Bündnis seit der Gründung Israels insgesamt 310 Milliarden US-Dollar an amerikanischer Hilfe verbraucht. Zugleich gewährt es Israel diplomatische Immunität für Handlungen, die bei jedem anderen Staat zu Sanktionen führen würden. Die an Palästinensern getestete israelische Technologie wird gegen amerikanische Demonstranten eingesetzt. Amerikanische Waffensysteme werden in Gaza und im Libanon im Einsatzfeld erprobt. Diese Beziehung beruht inzwischen auf Ausbeutung: Beide Seiten sind in ihrer Radikalisierung voneinander abhängig geworden, um die eigenen Exzesse zu rechtfertigen.
Wie auch Pappe betont, steht diese neue Phase des Bündnisses weniger auf gemeinsamen demokratischen Werten, sondern vielmehr auf gemeinsamer Islamfeindlichkeit. Beide Bewegungen betrachten Israel nun als „die wichtigste anti-islamische und anti-arabische Macht der Welt“. Der Feind ist inzwischen stärker identitätsstiftend für dieses Bündnis als jede positive Vision.
Überdehnung der Imperien: Ein Historisches Muster
Was wir derzeit erleben, ist nicht einzigartig – sondern vorhersehbar. Historische Analysen zeigen wiederkehrende Muster zwischen Zivilisationen. Der britische General und Historiker Sir John Glubb dokumentierte, wie Imperien bemerkenswert ähnliche Bahnen verfolgen: Ein etwa 250 Jahre dauernder Prozess vom Aufstieg bis zum Verfall, der mit dem beginnt, was Glubb als die „gnadenlose Phase“ bezeichnet – ein verzweifelter Versuch, die Macht nicht durch Anpassung, sondern durch Gewalt aufrechtzuerhalten.
Murrins Analyse bestätigt dieses Muster:
„Für ein Imperium im Endstadium der Überdehnung übersteigen die Kosten der Machterhaltung bei weitem deren ökonomischen Nutzen.“
Die Nachhaltigkeit des Imperiums wird unmöglich, was zu immer verzweifelteren militärischen Abenteuern führt, die den Zusammenbruch nicht verhindern, sondern beschleunigen.
Die Vereinigten Staaten zeigen alle klassischen Symptome eines spätzeitlichen Imperiums:
Überall militärische Stützpunkte, aber keine Siege. Eine zunehmende finanzielle Abhängigkeit von Rivalen (wie Chinas Schuldenbesitz). Eine innere Polarisierung, die die institutionelle Legitimität untergräbt. Während aufstrebende Mächte Alternativen aufbauen, verbündet sich Amerika mit anderen zerfallenden Kräften.
Israels Entwicklung verläuft parallel zu diesem Niedergang. Ein Staat, der ursprünglich nach sicheren Grenzen im Rahmen des Völkerrechts suchte, beansprucht nun biblische Gebiete durch militärische Eroberung. Eine Bewegung, die einst nur Zuflucht wollte, besteht heute auf regionaler Vorherrschaft. Trotz globaler Verurteilung schreitet die Siedlungsexpansion voran, trotz innerem Widerstand werden Justizreformen durchgesetzt, und in allen Konflikten weicht die Diplomatie militärischen Lösungen.
Die derzeitigen gegenseitigen Raketenangriffe mit dem Iran spiegeln diese Dynamik perfekt wider. Israels nuklearer Schlag war kein Verteidigungsakt, sondern ein präventiver Versuch, imperiale Dominanz durch Eskalation zu sichern. Irans Raketenangriffe spiegeln dieselbe Logik der Gegenseite wider: Beide Mächte glauben, dass sie durch Gewalt zurückgewinnen können, was sie durch Diplomatie verloren haben.
Doch die Kosten dieses Kurses sind untragbar. Israels Raketenabwehr kostet 285 Millionen Dollar – pro Nacht. Der Iran erschöpft sein Arsenal an ballistischen Raketen. Beide Seiten erkennen zunehmend, dass moderne Präzisionswaffen jede neue Eskalation teurer und zugleich weniger effektiv machen.
Die Dynamik der Todesspirale
Was dieses Bündnis besonders gefährlich macht, ist, dass die Extreme jedes Partners die des anderen verstärken. Es handelt sich hierbei nicht um traditionelles Bündnisverhalten, sondern um eine gegenseitige Radikalisierung unter dem Deckmantel einer strategischen Partnerschaft.
Israels militärische Aktionen liefern die Rechtfertigung für amerikanische Rüstungsverträge. Der Krieg in Gaza hat die Nachfrage nach US-Überwachungstechnologien und Crowd-Control-Waffen erhöht. Irans Raketenangriffe schaffen neue Märkte für amerikanische Raketenabwehrsysteme. Der diplomatische Schutz der USA ermöglicht Israels territoriale Expansion – ein Vorgehen, das sonst internationale Interventionen auslösen würde.
Gleichzeitig schaffen die globalen Herausforderungen der USA neue Chancen für Israels regionale Vorherrschaft. Die Spannungen mit China und Russland verschaffen Israel mehr Handlungsspielraum im Nahen Osten. Die innenpolitische Polarisierung in den USA verhindert eine konsequente Kritik an Israels Politik. Die Überdehnung des amerikanischen Imperiums erhöht den Bedarf an verlässlichen regionalen Stellvertretern, die bereit sind, ohne parlamentarische Kontrolle zu agieren.
Dieses Modell ist selbstverstärkend. Die Eskalation der einen Seite rechtfertigt die Extreme der anderen. Israels Siedlungsexpansion legitimiert die amerikanische Darstellung der Palästinenser als „Terroristen“. Die amerikanische Militärhilfe erlaubt es Israel, den palästinensischen Widerstand als Bedrohung für die westliche Zivilisation darzustellen. Beide Bewegungen sind nun auf einen dauerhaften Konflikt angewiesen, um ihre eigene Existenz zu rechtfertigen.
Die aktuelle Krise mit dem Iran veranschaulicht diese Dynamik perfekt. Israels Nuklearschlag hätte ohne den diplomatischen Schutz und die technologische Unterstützung der USA niemals Erfolg gehabt. Doch die US-Intervention bringt auch einen regionalen Krieg mit sich, der sowohl die globale Dominanz des Dollars als auch Israels militärische Überlegenheit gefährden könnte. Trumps Entscheidung, militärisch an Israels Seite zu treten, könnte zwar das Dilemma „lösen“ – doch auf die gefährlichste denkbare Weise. Die US-Intervention hat dafür gesorgt, dass beide Länder nun in einem regionalen Krieg ohne Exit-Strategie gefangen sind.
Die Warnung des iranischen religiösen Führers Ayatollah Ali Khamenei – „Eine US-Intervention würde irreparablen Schaden anrichten“ – wird nun auf die Probe gestellt. Irans gezielter, aber größtenteils symbolischer Angriff auf einen US-Stützpunkt zeigte Zurückhaltung, offenbarte jedoch auch das volle Eskalationspotenzial. Der Iran behält sich die Fähigkeit vor, die Straße von Hormus zu schließen, US-Stützpunkte in der Region anzugreifen und Stellvertreter von Libanon über Jemen bis Irak zu aktivieren. Die amerikanische Militärintervention hat Israels Sieg nicht garantiert – im Gegenteil: Sie hat einen unlösbaren regionalen Konflikt unter US-Beteiligung ermöglicht.
Inzwischen wächst der innenpolitische Widerstand in Trumps eigener Basis. „Lasst Israel fallen“, fordern Aktivisten der America First-Bewegung. „Ich sage es Ihnen offen: Unsere MAGA-Basis will absolut keinen Krieg“, warnt Charlie Kirk. Selbst Trump-Anhänger erkennen inzwischen, dass ein neuer Krieg im Nahen Osten seine Präsidentschaft, die den Rückzug aus diesen Kriegen versprach, zerstören könnte.
Doch ein Rückzug scheint nun unmöglich. Die Logik der Eskalation hat Eigendynamik gewonnen. Israelische Offizielle glaubten an die Unvermeidbarkeit einer US-Beteiligung – und sie behielten recht. Iranische Führer hingegen bereiten sich nun auf einen langanhaltenden regionalen Konflikt vor. Beide Seiten bringen ihre Bevölkerungen auf einen langen Kriegskurs, während ihre Wirtschaften unter der Priorisierung militärischer Ausgaben zunehmend leiden.
Globale Neuausrichtung: Die Welt zieht weiter
Während die USA und Israel in einen regionalen Krieg hineingezogen werden, organisiert der Rest der Welt Alternativen. Die Erweiterung der BRICS umfasst inzwischen die meisten bedeutenden Volkswirtschaften außerhalb des westlichen Bündnisses. China und Russland handeln koordiniert in zahlreichen Bereichen, darunter Energie, Währung und Militärtechnologie. Selbst traditionelle US-Verbündete versuchen, ihre Risiken durch alternative Partnerschaften auszugleichen.
Saudi-Arabien pflegt trotz der Abraham-Abkommen weiterhin diplomatische Beziehungen zu Iran und China. Die Türkei verfolgt eine eigenständige Außenpolitik, die sich oft von den Vorgaben der NATO abhebt. Europäische Länder kritisieren Israels Politik und die einseitige US-Außenpolitik zunehmend offen und arbeiten an der Entwicklung eigener autonomer Verteidigungskapazitäten.
Pappes Beobachtung erweist sich als vorausschauend: „Nicht nur in Palästina, sondern in der gesamten arabischen Welt brauchen wir internationale Intervention – aber nicht aus dem Globalen Norden, sondern aus dem Globalen Süden.“ Die Infrastruktur für eine solche Führung ist im Globalen Süden längst vorhanden. Während der Süd-Süd-Handel wächst, stagniert der transatlantische Handel. Alternative Zahlungssysteme verringern die Abhängigkeit vom Dollar. Regionale Organisationen bieten Kooperationsforen ohne westliche Beteiligung.
Die aktuelle Krise beschleunigt diese Tendenzen weiter. Jeder Raketenangriff zwischen Iran und Israel macht die Unfähigkeit der USA deutlich, regionale Konflikte zu kontrollieren. Jede militärische Intervention der USA erinnert andere Länder erneut daran, warum es Alternativen zu westlich dominierten Institutionen braucht. Jede neue Eskalation unterstreicht, welches inakzeptable Risiko ein Bündnis mit den USA oder Israel darstellt.
China beobachtet aus sicherer Distanz, wie sich potenzielle Rivalen in nicht gewinnbaren Kriegen erschöpfen. Russland profitiert von steigenden Energiepreisen und der wachsenden Nachfrage nach alternativen Partnerschaften. Indien erweitert seinen Einfluss, während es Beziehungen zu allen Seiten aufrechterhält. Die multipolare Welt entsteht nicht durch einen großen Masterplan – sie entsteht durch die Selbstzerstörung der Vereinigten Staaten und Israels.
Dies stellt den Beginn dessen dar, was Pappe als „Dekolonisierung eines siedler-kolonialen Projekts“ bezeichnet – nicht nur die Befreiung Palästinas, sondern eine globale Befreiung von westlicher imperialer Vorherrschaft. Die Kräfte, die Gerechtigkeit für Gaza fordern, verlangen nun auch Gerechtigkeit für die Ukraine, den Jemen und Kaschmir. Dieselben Bewegungen, die sich gegen israelische Siedlungen richten, stellen sich auch gegen US-Stützpunkte, chinesischen Autoritarismus und russischen Expansionismus.
Die Raketen, die über dem Himmel des Nahen Ostens fliegen, deuten auf etwas Größeres hin: das Ende der unipolaren Ära, in der amerikanische Macht Israels Straflosigkeit garantieren konnte. Ob es zu weiterer Eskalation kommt oder nicht – diese Weltordnung ist am Verschwinden.
Das Urteil der Geschichte
Historiker von Imperien erkennen dieses Muster, weil sie es schon oft gesehen haben. Mächte, die sich nicht an veränderte Bedingungen anpassen können, greifen zur Gewalt, um ihre Vorherrschaft zu sichern – und beschleunigen damit den Zerfall, den sie eigentlich aufhalten wollen. Roms Expansion nach Germanien. Napoleons Invasion in Russland. Nazi-Deutschlands Krieg gegen Großbritannien, Russland und die USA gleichzeitig. Japans Angriff auf Pearl Harbor.
Jedes dieser Beispiele folgt einer ähnlichen Logik: Rückläufige Mächte setzen auf verzweifelte Wetten, die beherrschbare Herausforderungen in existentielle Krisen verwandeln. Jede glaubt, das durch politische Erosion Verlorene mit militärischer Gewalt zurückholen zu können. Und jede entdeckt, dass Gewalt ohne Legitimität mehr Probleme schafft als löst.
Die USA und Israel stehen nun vor derselben Entscheidung: sich einer multipolaren Realität anzupassen oder eine unipolare Dominanz gewaltsam aufrechtzuerhalten. Der derzeitige Kurs zeigt, dass sie sich für die Gewalt entschieden haben. Die Raketenangriffe zwischen Iran und Israel, Trumps militärisches Eingreifen und der völlige Zusammenbruch diplomatischer Alternativen – all das bestätigt, dass an die Stelle einer verhandelten Lösung ein umfassender Krieg getreten ist.
Doch die Geschichte lehrt auch: Solche Entscheidungen verlaufen selten zugunsten ihrer Urheber. Diejenigen Mächte, die den Übergang überleben, sind jene, die ihren Niedergang mit Anstand gestalten – indem sie ihre Kerninteressen sichern und auf übermäßige Expansion verzichten. Diejenigen hingegen, die versuchen, ihren Untergang mit militärischen Abenteuern aufzuhalten, beschleunigen meist nur ihren eigenen Zerfall.
Ob man es in Dollar, Schekel oder Menschenleben misst – der aktuelle Kurs ist nicht tragfähig. Die US-Militärausgaben entziehen Infrastruktur, Bildung und wirtschaftlicher Entwicklung dringend benötigte Ressourcen. Israels Verteidigungsetat verhindert Investitionen in zivile Sektoren, die nachhaltiges Wachstum und Wohlstand bringen könnten. Beide Länder sind zunehmend von Konfliktökonomien abhängig, die auf die ständige Existenz von Feinden angewiesen sind.
Während die USA und Israel gegen die Vergangenheit kämpfen, baut der Rest der Welt an der Zukunft. Der Ausbau sauberer Energie schreitet am schnellsten in China und Indien voran; digitale Infrastruktur entwickelt sich besonders dynamisch in Asien und Afrika. Kulturelle Produktion fließt nicht mehr vom Globalen Norden in den Süden – sondern umgekehrt.
Pappes Vorhersage, dies sei die „Endphase des Zionismus“, greift über Palästina hinaus – sie betrifft das gesamte westliche imperiale Projekt. Und dieses endet nicht wegen einer militärischen Niederlage – obwohl auch das möglich ist – sondern aufgrund politischer Erschöpfung. Die Menschen sind der Opfer müde, die für den Erhalt schwindender imperialer Interessen verlangt werden. Verbündete sind es leid, Führern zu folgen, die militärische Abenteuer im Namen enger Eigeninteressen anführen – statt kollektive Sicherheit zu fördern.
Die Sirenen und Raketen am Himmel des Nahen Ostens verkünden das Ende einer Ära. Ob dieses Ende zerstörerisch oder nur schmerzhaft wird, hängt von Entscheidungen in Washington und Tel Aviv ab. Aber das Zeitalter selbst – ist bereits vorbei.
Die Welt zieht weiter. Die Frage ist: Werden sich die USA und Israel dieser Bewegung anschließen – oder versuchen sie, sie mit einer selbstzerstörerischen Gewalt aufzuhalten? Die Geschichte zeigt: Der zweite Weg führt ins Nichts.
Heute trägt jede Schulratssitzung, jede Kongressabstimmung, jede einzelne mutige Bürgeraktion ein beispielloses Maß an Risiko und Konsequenz. Es geht nicht mehr nur um Außenpolitik – wir erkennen jetzt deutlich nicht nur die gescheiterten Maßnahmen, sondern auch die imperiale Logik, die sie hervorgebracht hat. Und die entscheidende Frage lautet: Können demokratische Gesellschaften ihre Führer noch zügeln, bevor sie uns in den Abgrund führen?
Quelle: https://znetwork.org/znetarticle/codependent-destruction-the-us-israeli-death-spiral/