Krieg, chinesische Wirtschaft und die Entscheidung der türkischen Zentralbank

Es steht fest, dass der ohnehin schon schwierige Prozess für China durch den Iran-Israel-Krieg noch komplizierter wird. Während gespannt und atemlos verfolgt wird, wohin die Entwicklungen führen werden, steht noch ein weiteres wichtiges Thema auf der Agenda: die Zinsentscheidung der türkischen Zentralbank (TCMB)…
Juni 20, 2025
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Ein seit einer Woche andauernder Krieg hat eine kaum erwähnte, aber äußerst bedeutende Auswirkung: seinen Einfluss auf die chinesische Wirtschaft…

Seit Beginn des Russland-Ukraine-Krieges läuft im Hintergrund ein andauernder Konflikt zwischen den USA und China, ebenso wie die durch die USA beeinflusste Spannung zwischen China und Taiwan. Nach dem Zollkrieg ist nun auch der Iran-Israel-Krieg Teil dieser komplexen Gleichung geworden.

Im Gegensatz zu seinem Rivalen, den USA, ist China in Sachen Energie vollständig auf Importe angewiesen. Im Jahr 2024 importierte das Land 11,3 Millionen Barrel Erdöl pro Tag. Die produktionsbasierte Wirtschaft Chinas ist von diesen Importen abhängig. Die Kosten dieser Energieimporte belaufen sich auf satte 310 Milliarden US-Dollar. Ein bedeutender Teil dieses gewaltigen Bedarfs wird durch Saudi-Arabien, den Irak und den Iran gedeckt.

Laut offiziellen Daten aus dem Jahr 2023 wurden 41 Millionen Barrel Erdöl aus dem Iran nach China geliefert. Das entspricht 3,7 % der chinesischen Ölimporte. Experten gehen jedoch davon aus, dass die tatsächlichen Zahlen deutlich höher liegen. Aufgrund der gegen den Iran verhängten Sanktionen wird ein erheblicher Teil des Öls über Länder wie Singapur, Malaysia oder Oman an China verkauft. Es wird vermutet, dass der tatsächliche Anteil iranischen Öls an den chinesischen Importen zwischen 7 und 8 % liegt.

Dabei ist auch der Preisaspekt nicht zu vernachlässigen. Für ein Land wie den Iran, dessen Bruttoinlandsprodukt bei rund 400–500 Milliarden Dollar liegt, sind Öl- und Gasverkäufe von existenzieller Bedeutung. Wegen der Sanktionen verkauft der Iran sein Öl auf inoffiziellen Wegen mit erheblichen Preisnachlässen – was China in hohem Maße zugutekommt.

Wenn man dieses Thema nun auch aus geopolitischer Perspektive betrachtet – etwa im Hinblick auf die Straße von Hormus und die Straße von Malakka –, wird die Bedeutung für China noch klarer.

Die USA setzen China seit Jahren über die Straße von Malakka unter Druck – dem wichtigsten Seeweg, über den China seine Energieimporte abwickelt. Gemeinsam mit ihren Verbündeten versuchen die USA, diesen Korridor militärisch zu kontrollieren. Um nicht nur dieses Sicherheitsproblem zu lösen, sondern auch die eigenen Handelsrouten auszubauen und abzusichern, verfolgt China mit großem Aufwand das allseits bekannte Projekt der „Neuen Seidenstraße“ („Belt and Road Initiative“), auf das ich auch in vielen meiner früheren Beiträge verwiesen habe. In dieses Projekt wurden bereits über 400 Milliarden Dollar investiert. Doch nicht nur hat es bisher nicht den gewünschten Fortschritt erzielt – China ist inzwischen auch in eine Phase ernsthafter wirtschaftlicher Schwierigkeiten eingetreten.

Und jetzt steht auch noch die Möglichkeit im Raum, dass die Straße von Hormus jederzeit geschlossen werden könnte. Sollte diese Meerenge – das Hauptventil des weltweiten LNG- und Ölflusses – außer Betrieb gesetzt werden, könnten die Energiepreise stark schwanken und der Ölpreis sehr schnell über 100 Dollar steigen.

Täglich passieren rund 20 Millionen Barrel Rohöl und Erdölprodukte diese Meerenge – das entspricht etwa einem Fünftel des weltweiten Verbrauchs.

Nicht nur China wäre betroffen. In ganz Asien würden sich die Machtverhältnisse verschieben, ein Energieschock mit Dominoeffekt wäre die Folge. Denn gemeinsam mit China kaufen Indien, Japan und Südkorea 69 % des durch die Meerenge exportierten Rohöls und Kondensats sowie 83 % des LNGs. In Asien drohen Raffineriestillstände, Stromausfälle und ein starker Anstieg der importierten Inflation – all das würde das Risiko erheblich erhöhen.

Im Rahmen meines Beitrags gehe ich nicht ausführlich auf die Auswirkungen im Westen ein. Doch klar ist: Auch dort wird es erhebliche negative Folgen geben. Zwar könnte kurzfristig die USA als Land mit großen strategischen Reserven die Initiative übernehmen – letztlich aber würde, wie von Powell betont, ein Szenario eintreten, das die Erwartung auf Zinssenkungen durch die Fed zunichtemacht und globale wirtschaftliche Belastungen mit sich bringt.

Es steht also endgültig fest, dass der für China ohnehin schwierige Prozess durch den Iran-Israel-Krieg noch komplizierter wird. Während man gespannt und atemlos verfolgt, wie sich die Lage weiterentwickelt, rückt auch ein weiteres wichtiges Thema in den Fokus: die Zinsentscheidung der türkischen Zentralbank (TCMB).

In einem Umfeld, in dem die Ölpreise stark gesunken waren und sich daraufhin mit den Mai-Daten die Inflationserwartungen langsam zu verbessern begannen, brach plötzlich der Krieg aus – woraufhin die Ölpreise innerhalb kürzester Zeit um 10 Dollar stiegen. Unter diesen Bedingungen – und angesichts der starken Abhängigkeit von Energieimporten – erwarte ich von der TCMB eine Entscheidung zur Beibehaltung der Zinssätze.

Tatsächlich wurde in den letzten vier Tagen das wöchentliche Repo-Instrument anstelle des Übernachtmechanismus verwendet, was einer Rückkehr zum tatsächlichen Leitzins von etwa 46 % (statt 49 %) gleichkommt. Auch wenn ich persönlich nicht mit einer Zinssenkung rechne, formiert sich in vielen Bereichen – allen voran unter den Industriellen – bereits Widerstand; die Rufe nach Lockerung werden lauter.

Zwar erwarte ich, dass die Zentralbank die Zinsen unverändert lässt, aber selbst eine Senkung um 100 Basispunkte würde mich nicht überraschen…

R. Levent Işık

R. Levent Işık wurde 1988 in Istanbul geboren.
Nach dem Abschluss seines Studiums in Öffentlicher Verwaltung und Politikwissenschaft an der Fakultät für Wirtschaft und Verwaltungswissenschaften der Gazi Universität im Jahr 2011 setzte er seine Studien im Bereich Wirtschaft und Verwaltung an der Celal Bayar Universität in Manisa fort und schloss sein Masterstudium ab.
Von 2011 bis 2021 arbeitete er als Bankprüfer und setzt seine Karriere seit 2021 als Filialleiter fort.
Er veröffentlicht Wirtschaft- und Geschichtsartikel in nationalen Zeitungen wie „Diriliş Postası“ und „Milat“ sowie in der Zeitschrift „Z Raporu“.
E-Mail: [email protected]

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