Die Verteidigungssysteme der USA sind gefährdet

In den nationalen Sicherheitsstrategiedokumenten der USA für die Jahre 2022–2023 sowie in den Verteidigungsstrategien des Pentagons wird China als „umfassendster und ernsthaftester strategischer Rivale“ bezeichnet – als das einzige Land, das die globale Führungsrolle der Vereinigten Staaten herausfordert. Dennoch konnte die USA China nicht offiziell als „Feind“ erklären, da dies den Abbruch diplomatischer und wirtschaftlicher Beziehungen nach sich ziehen würde. Ironischerweise ist Amerika jedoch in einer ausweglosen Lage, da es für die Produktion von Kriegswaffen und Munition in hohem Maße auf eben diesen nicht benannten Feind China angewiesen ist.
Juni 24, 2025
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US-Verteidigungssysteme unter NTE-Beschränkungen in Gefahr – Waffen- und Munitionsvorräte gehen zur Neige

Donald J. Trump, der mit dem Versprechen, Kriege zu beenden, das Amt des US-Präsidenten errang, konnte in den vergangenen 150 Tagen seiner Amtszeit weder den Ukraine-Russland-Krieg noch den Hamas-Israel-Konflikt beenden. Die geopolitische Macht und Abschreckungskraft der Vereinigten Staaten hat unter der Führung Trumps in dieser Zeit erheblich an Wirkung verloren. Mit dem Angriff Israels auf den Iran hat sich zudem eine neue Front in den laufenden Kriegen geöffnet, und Premierminister Netanjahu versucht, Trump in seinen eigenen Krieg hineinzuziehen.

Neben der Unfähigkeit, sich als globale Führungsmacht durchzusetzen, steht die USA auch vor einem ernsthaften logistischen Problem: Die Waffen- und Munitionsvorräte schwinden und können nicht rechtzeitig aufgefüllt werden. Die von China verhängten Beschränkungen auf den Export Seltener Erden (Rare Earth Elements – REEs), die für die Waffen- und Munitionsproduktion entscheidend sind, haben die US-Rüstungsindustrie beinahe zum Stillstand gebracht. Da eine Produktion in gewohnter Kapazität ohne diese Elemente nicht möglich ist, stehen die amerikanischen Raketenarsenale kurz vor der Erschöpfung.

Die sinkenden Vorräte und die Unfähigkeit, diese zu erneuern, erschweren auch die laufenden Waffen- und Munitionslieferungen an die Ukraine und an Israel, die auf hochentwickelte Technologien angewiesen sind. Israel ist zu 69 % von den USA als Lieferant für Waffen und Munition abhängig – insbesondere bei Kampfflugzeugen, präzisionsgelenkten Raketen und Raketenabwehrsystemen ist diese Abhängigkeit deutlich spürbar. Der Rückgang der US-Vorräte wird zwangsläufig auch Israels Zugang zu Waffen und Munition einschränken und könnte damit eine entscheidende Rolle bei der Beendigung der Konflikte spielen.

In diesem Beitrag wird die paradoxe Abhängigkeit der USA von ihrem strategisch größten Rivalen China untersucht, den die amerikanischen Strategiepapiere als „umfassendsten und ernsthaftesten strategischen Konkurrenten“ bezeichnen – und gleichzeitig auf dessen Produktionsressourcen angewiesen sind, um sich auf einen möglichen Krieg vorzubereiten. Im Fokus stehen dabei die Auswirkungen chinesischer Exportbeschränkungen auf die US-Verteidigungsindustrie.

Seltene Erden – Unverzichtbar für die Rüstungsindustrie

Die hochentwickelten, technologiegestützten Waffensysteme der USA sind auf Seltene Erden angewiesen. Diese Gruppe umfasst 17 metallische Elemente, wobei insbesondere Neodym, Praseodym, Samarium, Dysprosium und Terbium aufgrund ihrer hohen magnetischen, thermischen und elektrischen Eigenschaften zu den unentbehrlichen Bestandteilen zahlreicher militärischer Hochtechnologiesysteme zählen.

Laut dem US Geological Survey bezieht die USA 70 % ihrer seltenen Erden aus China – Waffenproduktion massiv abhängig

Einem Bericht der US Geological Survey zufolge hat die USA zwischen 2020 und 2023 rund 70 % aller Importe seltener Erdmetalle und -verbindungen aus China bezogen, wobei ein erheblicher Teil davon in der Rüstungsindustrie Verwendung fand.

Seltene Erden sind für die Waffenproduktion von entscheidender Bedeutung. Ohne die fünf zentralen Elemente – Neodym, Praseodym, Samarium, Dysprosium und Terbium – können Schlüsseltechnologien wie Jettriebwerke, geräuscharme Antriebssysteme für U-Boote, Radar- und Sonarsysteme, Lenkraketensysteme, Laserzielsysteme, Sensorik, elektromagnetische Kanonen und elektrooptische Systeme nicht hergestellt werden. Der Bau von Kampfflugzeugen, Kriegsschiffen, U-Booten und Drohnen sowie deren integrierte Systeme und Waffentechnik sind direkt von diesen Elementen abhängig – und diese werden zu etwa 90 % aus China bezogen.

Besonders kritisch ist zudem die Abhängigkeit von den seltenen Erden Antimon, Gallium und Germanium, die in mehr als 80 % der Lieferketten der Waffensysteme des Pentagon enthalten sind. Diese drei Elemente bilden die Grundlage moderner militärischer Fähigkeiten: Germanium ermöglicht Sicht bei Nacht oder Nebel, Gallium ist entscheidend für Hochfrequenz- und Radarentscheidungen, Antimon für die Herstellung zuverlässiger Munition.

Der Bericht „Rock to Rocket: Critical Minerals and the Trade War for National Security“ des Verteidigungsinformationsunternehmens Govini warnt, dass Chinas Exportbeschränkungen bei kritischen Mineralien etwa zwei Drittel der US-Verteidigungsindustrie-Lieferketten beeinträchtigen könnten. Insbesondere auf Gallium, Germanium, Wolfram und Tellur angewandte Exportstopps betreffen 78 % aller US-Waffensysteme.

Die Analyse der Produktionsprozesse von 1.900 US-Waffensystemen zeigt, dass ein Großteil der über 80.000 darin verwendeten Einzelteile auf kritische Mineralien angewiesen ist – die überwiegend aus China stammen. Laut dem Govini-Bericht liegt die Abhängigkeit von diesen Mineralien bei den US-Marines bei 61,7 %, bei der US Navy sogar bei 91,6 %. Diese strukturelle Abhängigkeit stellt ein strategisches Risiko für die militärische Einsatzfähigkeit der Vereinigten Staaten dar.

Trotz globaler Vorkommen: Die Verarbeitung seltener Erden bleibt fest in chinesischer Hand – Auswirkungen auf US-Verteidigungsindustrie

Auch wenn seltene Erden und andere kritische Rohstoffe in verschiedenen Ländern abgebaut werden, erfolgt ihre Weiterverarbeitung überwiegend in China. Diese strukturelle Abhängigkeit bedeutet, dass China seine dominierende Stellung in der Lieferkette nicht nur als wirtschaftliches und politisches Druckmittel nutzen kann, sondern auch durch steigende Kosten und längere Produktionszeiten die US-Rüstungsindustrie zusätzlich belastet. Das geht aus dem Bericht des Informationsdienstleisters Govini hervor.

Chinas Exportverbote und -beschränkungen für Seltene Erden (NTE)

Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) entfallen etwa 61 % der weltweiten Förderung und 92 % der Verarbeitung seltener Erden auf China. Die USA wiederum decken rund 70 % ihres Bedarfs an seltenen Erden durch Importe aus China.

Als Reaktion auf US-Sanktionen gegen chinesische Technologiekonzerne wie Huawei und SMIC verhängte China ab 2024 eine Reihe gezielter Exportverbote und -beschränkungen gegenüber den Vereinigten Staaten:

  • 3. Dezember 2024: China untersagt den Export von Antimon, Gallium, Germanium sowie besonders harten Legierungen an die USA.

  • 4. Februar 2025: Für fünf kritische Metalle – Wolfram, Tellur, Bismut, Molybdän und Indium – wird eine Exportlizenzpflicht eingeführt.

  • 4. April 2025: Als Reaktion auf US-Zölle erließ China Exportkontrollen für sieben „schwere“ seltene Erden: Samarium, Terbium, Dysprosium, Gadolinium, Lutetium, Scandium und Yttrium. Die Kontrolle umfasst sowohl Oxide, Legierungen als auch daraus gefertigte Magnete und andere Komponenten.

Diese Materialien sind essenziell für zahlreiche High-End-Waffensysteme wie Stealth-Kampfflugzeuge, Hyperschallwaffen, Satellitensysteme und elektronische Kriegsführungseinrichtungen. Ihre Knappheit gefährdet direkt die Verteidigungsfähigkeit der Vereinigten Staaten.

Weitere kritische Mineralien außerhalb der Seltenen Erden unter chinesischer Dominanz

Neben den seltenen Erden kontrolliert China auch strategisch wichtige Mineralien, die technisch nicht zu den „Seltenen Erden“ zählen, aber in der Waffenproduktion unersetzlich sind:

  • Magnesium: Unverzichtbar für Flugzeugrümpfe und Raketenkomponenten. Die USA verfügen über keine nennenswerten Lagerbestände und sind vollständig auf chinesische Lieferungen angewiesen.

  • Grafit: Essenziell für Raketentriebwerke, Laserwaffen und die Verarbeitung von Nuklearbrennstoffen.

  • Flussspat (Fluorspar): Kritisch für Laser- und nukleartechnologische Anwendungen.

Diese umfassende Abhängigkeit von China in gleich mehreren Schlüsselbereichen der militärischen Versorgungskette stellt für die USA eine gravierende Verwundbarkeit dar – sowohl in wirtschaftlicher als auch in sicherheitsstrategischer Hinsicht.

Die Sackgasse der USA – Strategische Abhängigkeit und geopolitische Ohnmacht

Laut einer 2024 veröffentlichten Studie der RAND Corporation würde ein Lieferstopp seltener Erden über einen Zeitraum von nur 90 Tagen die Produktionslinien von 78 % der US-Verteidigungsunternehmen zum Stillstand bringen. Besonders betroffen wären Hightech-Systeme wie Hyperschallraketen und Satellitensysteme, deren Fertigung empfindlich verzögert würde.

Die von China verhängten Exportverbote und Lizenzpflichten für kritische Mineralien haben insbesondere Rüstungs- und Hochtechnologiehersteller massiv unter Druck gesetzt. Aufgrund gestoppter Lieferungen und knapper Lagerbestände kommt es zunehmend zu Produktionsverzögerungen und Verspätungen bei Auftragserfüllungen. Die resultierenden Versorgungslücken gefährden nicht nur die Lieferketten, sondern bergen auch erhebliche sicherheitspolitische Risiken. Gleichzeitig ist mit einem weiteren Preisanstieg seltener Erden aufgrund globaler Angebotsknappheit zu rechnen.

Die tiefe strukturelle Abhängigkeit der US-Verteidigungssysteme von kritischen Mineralien und Chinas restriktive Exportpolitik stellen eine ernste Bedrohung für die Verteidigungsfähigkeit und strategische Handlungsfreiheit der USA dar. Versorgungsprobleme, steigende Produktionskosten, Lieferverzögerungen sowie mögliche Vertragsstornierungen untergraben langfristig die geopolitische Schlagkraft der Vereinigten Staaten.

Der Ausweg? – Autarkie und Diversifikation als strategische Notwendigkeit

Eine nachhaltige Lösung für die nationale Sicherheit und den Erhalt der technologischen Führungsrolle der USA liegt in zwei zentralen Strategien:

  1. Aufbau einer eigenen Produktions- und Raffinierungsinfrastruktur für seltene Erden im Inland,

  2. Diversifizierung der Bezugsquellen, um die Abhängigkeit von China schrittweise zu verringern.

Ein vielversprechender Ansatz ist der von der US-Regierung geförderte Abbau im Mountain Pass Mine im Bundesstaat Kalifornien durch die Firma MP Materials Corp.. Doch diese produziert zu etwa 90 % nur NdPr-Oxide (Neodym + Praseodym) – und ist somit nicht annähernd in der Lage, den gesamten US-Bedarf zu decken. Hinzu kommt die paradoxe Tatsache, dass ein Großteil der Rohstoffe zur Weiterverarbeitung erneut nach China exportiert wird. Eine vollständige Entkopplung von China ist daher mittelfristig nicht realistisch.

Geopolitische Optionen – Von Verhandlungen bis Eskalation

In diesem Kontext erscheinen die geopolitischen Überlegungen von Präsident Donald Trump in einem neuen Licht:

  • Ein rascher Friedensschluss mit Russland soll den Weg für ein wirtschaftliches Abkommen mit der mineralienreichen Ukraine ebnen.

  • Die inoffiziell diskutierte Option, Grönland – weltweit auf Platz 8 bei seltenen Erden – unter Kontrolle zu bringen, ist Ausdruck strategischer Verzweiflung angesichts der drohenden Rohstoffknappheit.

Diese geopolitischen Bestrebungen spiegeln vor allem den Willen wider, die einseitige Abhängigkeit von China bei kritischen Rohstoffen so schnell wie möglich zu durchbrechen – selbst wenn dies riskante außenpolitische Manöver erfordert.

Fazit: Die USA befinden sich in einer strategischen Zwickmühle: Um mit China technologisch und militärisch zu konkurrieren, sind sie derzeit weiterhin auf chinesische Rohstoffe angewiesen. Der Weg in eine sicherere, unabhängige Zukunft führt nur über eine systematische und politisch entschlossene Neuausrichtung der Rohstoffpolitik.

Schlussfolgerung

In den Nationalen Sicherheitsstrategien der USA 2022–2023 sowie in den Verteidigungsdokumenten des Pentagons wird China als der umfassendste und ernsthafteste strategische Rivale benannt – als das einzige Land, das der globalen Führungsrolle der Vereinigten Staaten substanziell entgegenwirkt. Dennoch hat Washington China nicht offiziell zum Feind erklärt, da dies den vollständigen Bruch diplomatischer und wirtschaftlicher Beziehungen bedeuten würde.

Ironischerweise ist die US-Rüstungsindustrie bei der Produktion von Waffen und Munition tief abhängig von eben jenem nicht benannten Gegner – China – und befindet sich somit in einer strategischen Sackgasse.

Durch die Kontrolle über die Versorgung mit Seltenen Erden (NTE) hat China die Fähigkeit erlangt, massiven Druck auf die Verteidigungsindustrien westlicher Staaten – allen voran der USA – auszuüben. Ohne NTE sind weder Hochtechnologieproduktionen noch die Entwicklung neuer Waffensysteme möglich.

Seit der Einführung von Exportverboten und -beschränkungen gegenüber den USA im Dezember 2024 sind deren NTE-Lagerbestände rapide geschrumpft. Die Produktion von Waffen und Munition, insbesondere solcher, die auf seltene Erden als Vorprodukte angewiesen sind, hat sich merklich verlangsamt. Infolge der umfangreichen Militärhilfen an die Ukraine und Israel sind wichtige US-Raketenbestände wie Patriot- und Tomahawk-Systeme zunehmend erschöpft.

Die Kriegsführung in der Ukraine und in Israel ist ohne Raketenlieferungen aus dem Westen kaum aufrechtzuerhalten. Angesichts schwindender Lagerbestände wird sich die USA künftig weniger großzügig bei Waffen- und Munitionslieferungen zeigen – und das könnte kriegsentscheidend sein.

Ein besonders bedeutender Punkt ist die Rolle der Türkei: In der Region Beylikova (Eskişehir) befindet sich mit 694 Millionen Tonnen das zweitgrößte NTE-Vorkommen der Welt. Es enthält alle 17 Elemente der Seltenen Erden in unterschiedlichen Konzentrationen, darunter wirtschaftlich besonders wertvolle wie Fluorit, Baryt, Lanthan, Cer, Praseodym, Samarium, Gadolinium, Europium und Neodym. Derzeit läuft der Aufbau einer Industrieanlage zur Raffinierung von 570.000 Tonnen NTE pro Jahr.

Seltene Erden sind längst kein bloßes Wirtschaftsgut mehr, sondern haben sich zu einem geopolitischen Hebel und einer strategischen Waffe entwickelt. Mit ihrer bedeutenden Reserve und dem Aufbau industrieller Verarbeitungsanlagen besitzt die Türkei das Potenzial, zu einem zentralen Akteur in der globalen Lieferkette zu werden – und so zur Reduzierung der weltweiten Abhängigkeit von China beizutragen.

Nicht zuletzt aus diesem Grund plant die US-Regierung, im Rahmen ihrer Diversifizierungsstrategie, NTE künftig direkt aus der Türkei zu beziehen – und zieht sogar in Erwägung, eigene Verarbeitungsanlagen vor Ort zu errichten und zu betreiben.

Quelle: 

How dependent is America’s arsenal on China’s critical mineral supply?

https://www.scmp.com/news/china/military/article/3312731/how-dependent-americas-arsenal-chinas-critical-mineral-supply

America’s Dangerous Dependence on Chinese Rare Earth Elements

https://discoveryalert.com.au/news/americas-dependence-china-rare-earth-elements-2025/

The Consequences of China’s New Rare Earths Export Restrictions

https://www.csis.org/analysis/consequences-chinas-new-rare-earths-export-restrictions

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