Der Zionismus war in der Mitte des 20. Jahrhunderts ein von der westlichen Welt glänzend inszeniertes Projekt – eine scheinbare „Lösung“ für zwei Krisen zugleich: die Legitimationskrise nach der Kolonialzeit und das strategische Vakuum des Kalten Krieges. Israel war dabei nicht nur ein Staat, sondern ein Labor – ein Labor des westlichen Schuldbewusstseins, des militärisch-industriellen Komplexes und der Machtprojektion im Nahen Osten. Doch dieses Labor scheint seine experimentellen Grenzen erreicht zu haben.
Die alten Videos, die heute in den sozialen Medien kursieren, und die Dokumente, die aus den Archiven auftauchen, sind Ausdruck eines unterbewussten westlichen Zweifelns am Zionismus. Der Vorwurf des „Antisemitismus“ hat seine abschreckende Wirkung verloren, die Sprache der Angst trägt nicht mehr. Das ist das untrügliche Zeichen für das Ende einer Ära.
Der Westen auf dem Prüfstand
Der Westen nutzte den Zionismus sowohl als moralische Sühne als auch als geopolitischen Hebel. Doch zwei Entwicklungen der letzten Dekade haben dieses Bündnis ins Wanken gebracht:
-
Geowirtschaftlicher Wandel: Die USA und Europa richten ihre Energiestrategie nicht länger auf den Nahen Osten, sondern auf erneuerbare Ressourcen und Afrika aus. Israels „strategische Unverzichtbarkeit“ schwindet.
-
Die Informationsrevolution: Mit dem Zusammenbruch der westlichen Medienmonopole ist die Öffentlichkeit direkt mit der Realität Palästinas konfrontiert. Die Tragödie von Gaza (2023–2025) beendete endgültig die propagandistische Überlegenheit des Zionismus.
Wenn heute gesagt wird, der Westen habe „mit dem Zionismus abgeschlossen“, ist das keine romantische Hoffnung, sondern eine nüchterne Machtanalyse. Israels Stärke liegt nicht mehr in seiner Armee, sondern in seiner wachsenden Belastung für das Image des globalen Systems.
Trump, Gaza und die globalen Nebelgranaten
Donald Trumps Rückkehr auf die Bühne wird von vielen als Wiederkehr des amerikanischen Isolationismus gedeutet. Doch in Wahrheit handelt es sich um eine kontrollierte Chaosstrategie. Der Waffenstillstandsprozess in Gaza bindet die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf einen einzigen Schauplatz – während im Hintergrund neue Machtarchitekturen entstehen.
Die Gaza-Diplomatie im Dreieck Trump–Biden–Netanjahu ist nichts anderes als ein „Schaukampf“: Während die Welt in den Nebel blickt, werden im Hintergrund künstliche Intelligenz, Energie, Lieferketten und Finanzstrukturen neu zentriert.
Was folgt nach dem Zionismus?
In der Geschichte hinterlässt jede Ideologie Platz für ein neues „Weltkonzept“. Der Faschismus machte dem Liberalismus Platz, der Sozialismus dem Neoliberalismus. Nun zieht sich der Zionismus von der Bühne zurück – und drei Kräfte wetteifern darum, sein Erbe anzutreten:
• Technokratische Globalisten: Sie wollen keinen Staat, sondern eine von Algorithmen gesteuerte Weltordnung errichten.
• Neue Eurasier: Ein China-Russland-zentriertes Modell, das kulturelle Identität und multipolare Macht in den Mittelpunkt stellt.
• Neo-Nationalisten: Verkörpert durch Trump, Le Pen, Meloni und andere – ein westlicher Rückzug nach innen, verbunden mit autoritären Machtblöcken.
Diese Kräfte beschleunigen nicht nur den Zerfall des Zionismus, sondern entscheiden auch, wer sein ideologisches Erbe antreten wird.
Schluss: Wenn sich der Nebel lichtet
Heute steht die Menschheit zwischen zwei gewaltigen Nebelgranaten: dem Rauch von Gaza und dem Lärm aus Washington. Acht Milliarden Menschen sind zwischen diesen beiden Ereignissen gefangen. Doch wenn sich der Nebel lichtet, wird sich zeigen, ob wir Zeugen der Geburt einer neuen Ära der Gerechtigkeit werden – oder des Übergangs in ein digitales Zeitalter der Kontrolle.
Der Zionismus mag auf den Müllhaufen der Geschichte geraten, doch der Geist der Ordnung, die an seine Stelle tritt, bleibt ungewiss.
Die entscheidende Frage lautet: „Während der Zionismus zerfällt – was errichten die Architekten der neuen Ordnung?“