Hochtechnologischer Kapitalismus und Neo-Feudalismus

Trumpismus: Eine neue, populistische und post-postmoderne Form einer „ideologiefreien Ideologie“, die die Beziehungen zwischen Staat und Kapitalismus neu definiert.

Nachdem sie ihre politische Loyalität von der Demokratischen Partei zur Republikanischen Partei verschoben hatten, formte sich eine Oligarchie neu und versammelte sich um Trump. Diese neue Machtstruktur existierte nicht nur in Trumps Machtzentren wie Mar-a-Lago, Trump Tower und dem Oval Office, sondern auch in der digitalen Welt. Im Schatten von Zuckerberg und Musk, die als die beiden Päpste des digitalen Zeitalters gelten, herrschte Trump als „Großer Twitter-Kommunikator“.

Würden unter ihnen 12 Personen existieren, die ein reines Herz, den Idealismus der Selbstaufopferung und christliche Barmherzigkeit besitzen, könnte man sie mit den Rittern der Tafelrunde von Camelot vergleichen, berühmt aus den französisch-bretonischen Romanzen des 12. Jahrhunderts, insbesondere mit der Arthur-Lancelot-Graal-Dynamik. Doch aufgrund ihrer extremen Reichtümer, Selbstbezogenheit, Materialismus und Opportunismus sowie ihrer korrupten Mentalität und Moral, fungieren sie eher als ideologische Praetorianergarde, die den neuen Präsidentenmonarchen unterstützt und verteidigt.

Diese Oligarchie/Plutokratie macht zwar nur 0,1 % der amerikanischen Bevölkerung aus, besitzt aber 14 % des Gesamtvermögens des Landes; mit 22 Billionen Dollar an Aktien-, Anleihen- und Immobilienvermögen übersteigt es das Gesamtvermögen der unteren 50 % der Bevölkerung (4 Billionen Dollar oder 2,4 %) bei weitem. Diese ultrareichen Individuen haben bedeutende Spenden an die Super-PACs (Super Political Action Committees) von Trump geleistet. Elon Musk hat mehr als 200 Millionen Dollar seines persönlichen Vermögens für Trumps Wahlkampagne ausgegeben; OpenAI-CEO Sam Altman, Amazon-Gründer Jeff Bezos und Facebook & Meta-Eigentümer Mark Zuckerberg haben jeweils 1 Million Dollar in Trumps Eröffnungsfonds gespendet.

Super-PACs schaffen eine unheilige Allianz zwischen Großem Geld und Großer Politik. In vielerlei Hinsicht kann man sagen, dass die amerikanischen multinationalen Unternehmen, die den globalen Konsumismus prägen (Google, Amazon, Facebook, Apple), die Finanzierer der MAGA-Bewegung sind. Ein großer Teil der amerikanischen Wählerschaft wurde davon überzeugt, dass alles, was diesen ultrareichen Unternehmern zugutekommt, auch zu ihrem eigenen Wohl ist.

Diese neue Struktur überraschte die staatlichen Institutionen. In vielen Fällen wurde ein System geschaffen, das die Gesetze umging und eine Ordnung formte, die dem eines politischen Staatsstreichs so nahe wie möglich kam. Der verfassungswidrige Machtübergriff des Trump-Musk-Duos schritt wie ein außer Kontrolle geratener Zug mit schlaffen Rädern voran und brachte viele in Erstaunen. Mit der Behauptung, den „verfaulten“, „verrückten“, „marxistischen“ und „linken“ Zustand in den verschiedenen Bundesbehörden zu korrigieren, drängte es gedankenlos und unbewusst seine eigene Lösung auf. Die Bundesbehörden, die Donald Trump ohne Beweise der weit verbreiteten „Misswirtschaft, Verschwendung und Betrug“ beschuldigte, wurden entweder ihrer Funktion beraubt und funktionierten nicht mehr oder wurden vollständig abgeschafft.

In den ersten zwei Wochen erließ die Trump-Regierung 250 Präsidialverfügungen, gründete eine neue Behörde namens DOGE (Department of Governmental Efficiency – Abteilung für staatliche Effizienz) und setzte die Befehle des nicht gewählten, aber faktisch autorisierten Oligarchen Elon Musk ein, um Institutionen zu säubern und zu zerstören, die als „amerikafreundlich“ angesehen wurden oder „amerikagegnerische Werte“ verbreiteten.

Trump zeigt öffentlich Misstrauen gegenüber allen Intellektuellen, Akademikern, Anwälten, Journalisten, Künstlern und Hollywood-Stars, die liberale, demokratische oder sozialistische Ideen vertreten oder fördern. Seiner Ansicht nach ist dies bestenfalls ein Versuch, den Kapitalismus zu kontrollieren und zu regulieren, was das Land zurückwirft und die Mittel- und Arbeiterklasse verarmt; schlimmstenfalls sind diese Menschen „innere Feinde“ – eine „fünfte Kolonne“, die mit den „äußeren Feinden“ zusammenarbeitet und Amerika demoralisiert, indem sie die Einheit des Landes sabotiert.

Elon Musk und sein Kostensenkungsteam erhielten unbegrenzte Vollmachten; sie wurden befugt, Bundesangestellte zu entlassen, sie zur Frühverrentung zu zwingen, sie zum Rücktritt zu drängen oder sie mit Abfindungen dazu zu bewegen, die Arbeit zu verlassen. Musk und seine Gefolgsleute (gibt es Frauen unter ihnen?) handeln über die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Regierung hinaus. Einerseits planen sie, die Bundesbehörden grundlegend zu verändern, indem sie viele hochrangige und mittelrangige Karrierebeamte durch neue treue Angestellte, parteiische Höflinge und politische Freunde ersetzen oder die bestehenden Angestellten dazu zwingen, einen Treueeid abzulegen. Andererseits zielen sie darauf ab, die Regierung funktionsunfähig zu machen, also die große Maschine des föderalen Staates zu entwerten und das System vollständig außer Kraft zu setzen.

Der beste Weg, sich eines Hundes zu entledigen, ist, laut zu schreien, dass er tollwütig ist. Es bedarf keiner Beweise.

Ab Mitte Januar 2025 erlebt die amerikanische Bevölkerung eine abgeschwächte Version dessen, was das russische Volk direkt nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 durch die Anwendung der „Ost-Easterly Shock Therapy“ der Chicago School of Economics durchlebte. Wer glaubt, dass diese rächerische, bestrafende, grausame und letztlich dumme „Schock und Staunen“-Politik in der ehemaligen Sowjetunion keine Auswirkungen hatte, irrt gewaltig. Putins imperialistische Rache ist ein Nebenprodukt dieser historischen Demütigung und wirtschaftlichen Zerstörung, die von Amerika verursacht wurde – ein Desaster, das die chinesische Regierung erfolgreich vermieden hat.

Daher müssen diese Politiker und diese megalomanischen Plutokraten die amerikanische Bevölkerung davon überzeugen, dass dieser „große Abbau“ des Staates und die Umstrukturierung der Prioritäten zu ihrem eigenen Wohl ist. Im Krieg um die Köpfe der amerikanischen Wähler wird auf jede erdenkliche Täuschung zurückgegriffen; selbst das Unvernünftigste wird versucht, als sinnvoll darzustellen. „Hammer-Politik“ wird verwendet, um Fliegen zu zerquetschen. Diese „großen Räuber“ halten sich für gerecht und autorisiert, weil sie glauben, von der jahrzehntelangen republikanischen anti-föderalistischen Rhetorik unterstützt zu werden. Wie Donald Trump immer wieder betont: Sie führen lediglich den Auftrag aus, den ihnen die amerikanischen Wähler und Steuerzahler erteilt haben. Sie tun nur ihre Pflicht. Das Einzige, was sie nicht anfassen, reformieren oder verringern werden, ist, aus wohlbekannten Gründen, das Militär.

Ihr Hauptziel ist es, so viel Kapital wie möglich aus den ideologischen Staatsapparaten (Althusser) des Staates zu retten. Dies wollen sie erreichen, indem sie die Funktionen und Dienstleistungen des Staates so weit wie möglich unterdrücken und privatisieren – selbst wenn dies bedeutet, die positiven Dinge zu zerstören, die der Staat in den Augen der breiten Bevölkerung repräsentiert. Sie wollen das Kapital für die Großtechnologie und die Großindustrie maximieren und die Steuersenkungen für Unternehmen und reiche Unternehmer erhöhen, da die Theorie des „trickle-down“ (Tröpfchen-Effekt) aus der Reagan-Ära einen zentralen Platz in der Ideologie dieser Gruppe einnimmt, die sich selbst als die „Wohltäter“ der Menschheit bezeichnet. Künstliche Intelligenz, Kybernetik und die Entwicklung der Raumfahrt erfordern große Investitionen, aber angesichts der Tatsache, dass China die KI-Anwendung „DeepSeek“ nur mit 5 Millionen Dollar entwickelt hat, ist es klar, dass solche Investitionen nicht immer astronomische Summen erreichen müssen. Wenn es nach diesen Oligarchen ginge, würden sie das Gesundheitswesen und sogar die Sozialversicherung vollständig privatisieren.

Um eine große Mehrheit der Wähler davon zu überzeugen, dass der „große Abbau“ des Staates und die Umstrukturierung der Prioritäten zu ihrem eigenen Wohl geschehen, muss diese neue ideologische Allianz zwischen „anarchischem Populismus“ (dem Einfluss des amerikanischen Libertarismus) und Großem Geld ihre eigenen ideologischen Vorurteile verbergen. Das bedeutet, dass die neue post-postmoderne politische Rhetorik verändert werden musste.

Donald Trump und sein politisches Umfeld, die dem Begriff „Gaslighting“ eine neue Bedeutung verliehen, begannen, Verleugnung und erfundene Erzählungen zu den grundlegenden Komponenten ihrer Wahrnehmung der Realität zu machen. Gaslighting, das mit einer abweichenden Manipulation des Verständnisses von „normativer Realität“ verbunden ist, ist eine Form psychologischer Misshandlung, bei der der Manipulator eine Person dazu anregt, an ihrem Verstand, ihren Erinnerungen oder ihrer Wahrnehmung der Realität zu zweifeln oder diese in Frage zu stellen. Personen, die Gaslighting ausgesetzt sind, werden verwirrt, ängstlich und können ihrem eigenen Urteil nicht mehr vertrauen. 【2】

Die Präsidentschaftskampagne 2023/24 bestand aus hohlen Phrasen und bloßen Lügen. Donald Trump, der große Manipulator, entfachte die Leidenschaften der Menschen, schürte ihren Zorn und entflammte ihren Ärger.

Dieser Prozess war von einer schamlosen und völligen Umkehrung der Paradigmen des symbolischen Systems geprägt. Ohne dieses System, das die soziale Ordnung aufrechterhält, ein gemeinsames Gefühl von Realität schafft und das Imaginäre an seinem Platz hält, ist es unmöglich, dass eine Gesellschaft relativ harmonisch funktioniert. Doch in Trumps Rhetorik verwandelte sich die Unwahrheit in die dominante Erzählung (Fake News); ein kleines Detail wurde manipulativ aufgeblasen, sodass es das große Bild ersetzte und zur Wahrheit selbst wurde. Authentizität, Realität, Richtigkeit, Gewissheit, Wahrheit, Zeugenschaft und Echtheit wurden letztlich zu den Opfern einer schizophrenen mentalen Umkehr.

Da diese Umkehrung systematisch und systemisch war, wirkte sie wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung und verwandelte sich im Laufe der Zeit in wiederholte Aussagen, die als „gesunde Slogans“ in der politischen Rhetorik angesehen wurden. So wurden einige Klischees als „absolute Wahrheiten“ präsentiert:

• Staatsinterventionismus bedeutet wirtschaftliche Stagnation (Rückgang des Lebensstandards der Bürger).
• Rechtsstaatlichkeit bedeutet unnötige Vorschriften (die Kreativität, Innovation und Entwicklung behindern).
• Staatsautorität bedeutet Tyrannei.
• Migration bringt Arbeitslosigkeit und Unsicherheit.
• Steuererleichterungen für Bund und Staaten führen zu Einkommenssteigerungen.
• Freiheit ist Unternehmertum; die Freiheit, die Bildungswahl für seine Kinder oder seinen eigenen Arzt zu wählen.
• Sozialismus bedeutet Verlust der Freiheit, höhere Steuern, staatliche Regulierung, Ineffizienz der Regierung und Korruption.

Diese Erzählungen wurden zu einem manipulativen Werkzeug, das die Gesellschaft durch Verzerrung der Realität lenken sollte.

Physische und geistige Gesundheit, Selbstmordraten, Drogenabhängigkeit, Lebenserwartung, Kindersterblichkeit und gewaltsame Todesfälle – diese nationalen Indikatoren verdeutlichen eindeutig, dass Amerikas Herangehensweise an soziale Probleme äußerst problematisch ist. Doch die Republikaner unter Trump stellen diese Daten als hässliche, mit Lügen gefüllte, liberale oder sozialistische, anti-amerikanische Propaganda dar.

Die radikale Neuausrichtung der politischen Macht zwischen Großtechnologie und Großregierung definiert die politische Beziehung zwischen Staat und Kapitalismus – also dem Hochtechnologie-Kapitalismus – neu. Der Staat wird seiner Vision, seinen Interessen und Vorteilen untergeordnet. Tatsächlich hatten Esther Dyson, George Gebele, George Keyworth und Alvin Toffler bereits 1994 in ihrem Werk Cyberspace and the American Dream die Zukunft genau in diese Richtung gestaltet.

Präsident Trump und sein Umfeld folgen der libertären Philosophie der objektivistischen Staatsauffassung von Ayn Rand. Laut diesem Modell wird die Bundesregierung zu einer echten Marktinstitution, die der „unsichtbaren Hand“ von Adam Smith unterliegt, und verliert ihren Status als „Regierung“, die allen Gesellschaftsschichten dient. Diese Auffassung sieht eine anti-föderalistische, anti-staatliche Struktur vor, die aus Institutionen besteht, die miteinander um Schutz, Verteidigung, Überwachung und Vergeltung konkurrieren – also eine merkwürdige Allianz zwischen großen CEOs, die für das Wohlstand der Bevölkerung (Konsum, Beschäftigung usw.) verantwortlich sind, und populistischen Führern – eine „Marktwirtschafts-Anarchie“.

Dieser als ideologiekritisch erscheinende, aber in Wahrheit ideologische Ansatz wird durch Algorithmen wie künstliche Intelligenz (KI) verstärkt, um die Regierung zu verkleinern und ihre administrativen Mechanismen zu kontrollieren. Das Hauptziel dieser „ideologiekritischen Ideologie“ ist es, die durch Arbeitsgesetze und Umweltziele eingeführten Regulierungen, die Beschränkungen für digitale Technologie (insbesondere die Einschränkungen der Entwicklung von KI) und die spekulativen Dimensionen des Finanzkapitalismus abzuschaffen und sie funktionsunfähig zu machen.

Die Überwachungsmechanismen, die ursprünglich der Kontrolle der Exzesse des Kapitalismus durch den Staat dienten, sind nun auf den Staat selbst gerichtet.

Angesichts dieser beispiellosen „Großen Auflösung der Regierung“ wird jede Reaktion oder Opposition, die als kritisch gegenüber der Entwicklung und Funktionsweise eines unbegrenzten freien Technologie-Kapitalismus erscheint, schnell als „anti-amerikanisch“ gebrandmarkt. Denn die Sprecher und Entscheidungsträger dieses neuen Regimes (Präsident W. Bush bezeichnete sich selbst als „Entscheidungsträger“) glauben, dass die Ziele die Mittel legitimieren. Desinformation, Fake News, grobe Manipulation der Fakten, offenkundige Lügen, Beleidigungen und Verleumdungen – all dies wird zum täglichen Futter einer getäuschten, ungebildeten, gleichgültigen und orientierungslosen Masse oder, noch schlimmer, eines Volkes, das sich an der Zurschaustellung von Gemeinheit erfreut.

Das „Ziel“ hier ist es, die Wirtschaft und die Menschen durch die Logik und die Auswirkungen der algorithmischen Digitalisierung zu kolonialisieren und zu reduzieren. Wie in einem Rückkopplungskreis garantiert dieser Prozess einerseits den Aufbau von Macht und Kapital in den Unternehmen der digitalen Herrscher und sichert gleichzeitig die zukünftige Entwicklung der digitalisierten Wirtschaft und der digitalisierten Gesellschaft. So wird Marcuses „Ein-Dimensionaler Mensch“ zu einer konkreten Realität.

Tim Cook (Apple), Sam Altman (OpenAI), Shou Zi Chen (TikTok), Mark Zuckerberg (Meta), Jeff Bezos (Amazon), Sundar Pichai (Google) und Elon Musk (Tesla, X) sind die feudalen Herren dieses neuen Neo-Feudalismus. Diese Allianz zwischen Großmacht, Großkapital und Großtechnologie bildet eine neue Techno-Faschismus-Form, die seit Jahren in Silicon Valley still heranreift.

Seit den 1960er Jahren hat Ayn Rands objektivistische Philosophie und ihr Verständnis des reinen Kapitalismus immer mehr Raum in der sozialen Struktur erobert. Dieses Denksystem hat die Unternehmer im Silicon Valley, die Technikbegeisterten und die sogenannten Gurus der digitalen Welt tiefgreifend beeinflusst. Die Nebenprodukte dieser ultra-kapitalistischen Ideologie haben gleichzeitig auch die Vorurteile und Annahmen dieser Technologie-Figuren geprägt:

• Die Kultur von Leistung und Wettbewerb führt zwangsläufig zur Idealisierung des Gewinners, des Helden, des Starken. Derjenige, der über starke Willenskraft und Intelligenz verfügt, wird als derjenige verehrt, der die Gesellschaft wirtschaftlich und technologisch voranbringt.
• Der Schwache, der „verweichlichte“ Misserfolg wird verachtet, und der „perverse“ Arm, der Verlierer, der Dummkopf wird entwertet. Derjenige, der sich nicht anpassen oder transformieren kann, wird im Rahmen der Gesetze über das Überleben des Stärkeren als überflüssig angesehen.
• Kapitalismus ist Leben. Er ist die vitale Kraft der Natur. Hier gibt es kein Yin-Yang-Gleichgewicht. Diese Macht ist rein maskuline Energie – was dazu führte, dass Mark Zuckerberg naiv und aufrichtig erklärte, dass Amerika und der Kapitalismus mehr „maskuline Energie“ benötigen.

Dieser Gedankengang erinnert an die Worte der ideologischen starken Figur der 1960er Jahre, Mike Hammer:

„Wenn es ein Fluch aus der Vergangenheit ist, dann ist es unsere Schuld. Wir haben einen Mann zurückgebracht, der längst tot sein sollte. Die Gegenwart kann einen solchen Mann nicht mehr ertragen. Die Menschen wollen jetzt Unentschlossenheit, Kompromisse, Zögerlichkeit und Angst… und wir haben der Gesellschaft ein heißes Eisen in den Schoß gelegt… er gehörte immer einer privilegierten Klasse an… jemand, der eine Bedrohung für eine andere Welt darstellt.“ 【3】

Nur die Starken sollten führen. Der Reichtum ist ihr verdienter Lohn. Dies ist der amerikanische Traum, verkörpert durch die Verschmelzung der Charaktere von Trump und Musk (Trusk).

Dieses techno-kapitalistische Netzwerk ist untrennbar mit Meritokratie, Exklusivität, Unternehmergeist und Geschäftsintellekt verknüpft. Diese Ideologie, die von Ayn Rands sogenanntem „Objektivismus“ umhüllt wird, öffnet die Türen für eine Rückkehr zum angelsächsischen Gehorsamsverständnis der westlichen Welt des 19. Jahrhunderts. Die Romane von Ayn Rand, The Fountainhead (1943) und Atlas Shrugged (1957), waren eine direkte Inspirationsquelle für Kevin Roberts, den Präsidenten der übermäßig konservativen Denkfabrik Heritage Foundation. Der aktivistische Arm der Institution, Heritage Action, hat das „Project 2025“ ins Leben gerufen, um sich auf die Möglichkeit vorzubereiten, dass die Republikaner die Wahlen 2024 gewinnen könnten. Das „Project 2025“ ist der Plan zur Übernahme, Verkleinerung und Privatisierung der Bundesregierung. Durch die Nutzung der Exekutive als Waffe soll die Gesellschaft vollständig in eine kapitalistische Struktur transformiert werden.

Rand pries in ihren Schriften den rationalen persönlichen Vorteil und die individuelle Freiheit und argumentierte, dass diese Konzepte naturgemäß im Rahmen eines reinen, freien Marktkapitalismus zum Leben erweckt werden sollten. Ihrer Meinung nach sollte der einzige Zweck der Regierung die Verteidigung und Erweiterung des Kapitalismus sein, und die Gesellschaft sollte in einer Ordnung leben, in der die Individuen nur nach ihren eigenen persönlichen Interessen freie Entscheidungen treffen können. In Thoreaus Walden haben Menschen zwar die Freiheit, wie sie wollen zu leben, aber sie existieren in einem „entinstitutionalisierten“ Staat, der von der Regierung nicht verwaltet wird.

Das gleiche kognitive System, das auf evolutionsbiologischen, behavioristischen, soziobiologischen und wissenschaftlich-materialistischen Erklärungen von Natur und Mensch basiert (Genetik, Elektrochemie des Gehirns usw.), hat dazu geführt, dass die amerikanische Gesellschaft Zeuge des Wiederauflebens des spenserianischen sozio-Darwinismus wird – der Ideologie des Überlebens des Stärkeren, sogar Eugenik (dieser popu­listisch-kapitalistischen Allianz, die auch Rassismus unter den extremsten Verteidigern umfasst). Vielleicht haben diese Ideologen in ihren Studienjahren Platons Republik ohne kritische Perspektive gelesen – eine Gesellschaft, die von einer rationalen und moralischen Aristokratie regiert wird, die nach den Fähigkeiten der Individuen sorgfältig gestaltet und in permanente Klassen unterteilt ist, wobei sogar Ehen genetisch geregelt werden.

Elon Musk (Südafrikaner) und Peter Thiel (der eine Zeit lang in Südafrika lebte) haben einmal erklärt, dass Schwarze Afrikaner genetisch nicht in der Lage wären, Kapitalismus zu betreiben. Donald Trump ist für seine groben und rassistischen Äußerungen bekannt; er bezeichnete viele afrikanische Länder als „Shithole Countries“. Er schlug sogar vor, diskriminierte weiße Südafrikaner zu akzeptieren, während er gleichzeitig die Idee unterstützte, illegale lateinamerikanische Einwanderer zu deportieren, die er als Vergewaltiger, Kriminelle, Drogenabhängige und psychisch Kranke ansah – er beschrieb diese Menschen als Tiere, die nicht einmal würdig sind, als Menschen anerkannt zu werden oder Amerikaner zu sein.

Diese ideologische Rhetorik und das Verhalten verkünden die Rückkehr einer bestimmten Form der „Herr/Untertan-Dialektik“, jedoch ohne die Dialektik.

Daher formt sich eine neue Form des Feudalismus, die Populismus als Unterstützung nutzt – ein Techno-Feudalismus. Obwohl dieses System behauptet, anti-ideologisch oder ideologiefrei zu sein, ist Trumpismus in Wahrheit zutiefst ideologisch. Präsident Trump behauptet, dass die ideologische Seite seiner Bewegung verborgen bleibt, und stellt dar, dass seine Bewegung nur aus „gesunder Vernunft“, traditionellen amerikanischen Werten, Freiheit und Lokalismus besteht.

Große Technologie, großes Geld, große Macht.

Dieser techno-kapitalistische Neo-Feudalismus wird wie der mittelalterliche Feudalismus auf einer sozialpyramidalen Struktur basieren, die auf Loyalität beruht. Die Treuegelübde der Technokraten, eine gehorsame und fügsame Arbeitskraft aus Ingenieuren und Technikern, eine gewerkschaftslose oder völlig gewerkschaftsfreie Arbeiterklasse — all dies wird die Grundlage der neuen sozialen Ordnung bilden. Es ist nicht überraschend, dass der Präsidentschaftskandidat erklärte, er wolle von loyalen und gehorsamen deutschen Generälen umgeben sein, ähnlich wie Hitler. Sollte die gewählte Person (konservativer Journalist Megyn Kelly, ehemaliger Vizepräsident Mike Pence usw.) ihre Aufgabe nicht erfüllen, wird „Gottes Zorn“ über sie kommen.

Das verbindende Element dieses neuen Feudalismus ist nicht mehr Religion.

Heute wird die Gesellschaft durch den Konsumismus, Hochtechnologie, digitale Kommunikation, Künstliche Intelligenz, das Metaversum und hyper-realistische oder hyper-simulierende Darstellungen zusammengehalten. In naher Zukunft werden Kybernetik (Roboter und Androiden) ebenfalls Teil dieses Systems sein. Andererseits wird die emotionale Dimension der neuen sozialen Ordnung durch Nativismus und die Angst/Abneigung oder das Misstrauen gegenüber dem „Anderen“ (Einwanderer oder fremde Länder) verstärkt. Denn das Vergnügen des Anderen (jouissance) wird als Bedrohung für das Vergnügen des nativistischen, bürgerlichen Produzenten-Konsumenten angesehen.

Der post-postmoderne Neo-Konservatismus des „Truskismus“ (Trump/Musk) entspricht der Aufgabe des neoliberalen Demokratie-Modells, das seit dem Zweiten Weltkrieg seine Funktion erfüllt hat. Diese Transformation hat den Kapitalismus von einer agrarischen und eigennützigen Wirtschaft zu einer Industrieökonomie und dann in den 1980er Jahren zu einem globalen konsumorientierten und finanziellen Kapitalismus geführt, während gleichzeitig ein Wohlfahrtsstaat als Puffer geschaffen wurde, um die negativen Folgen der Widersprüche des Kapitalismus abzumildern.

Früher verband der Kapitalismus seinen Mechanismus mit menschlichen Wünschen, jetzt ist der Kapitalismus selbst der Wunsch geworden. Die französische/ kontinental-europäische Theorie liefert eine wichtige Analyse darüber, wie sich die unheimliche Allianz zwischen Kapitalismus, Hochtechnologie und Populismus heute entwickelt hat — eine Theorie, die von Neo-Positivisten und Kognitivisten leidenschaftlich abgelehnt wird.

„Kapitalismus ist ein ungehinderter Wunsch oder eine abstrakte Maschine. Eine Gesellschaft, die diesen Wunsch verwirklicht, kann als eine Mischung aus Faschismus-Paranoia und Anarchie-Schizophrenie verstanden werden (mit einer starken Tendenz hin zur zweiten Option)… Dies ist die explizite Selbstverkündung des Kapitals, ein neuer Goldrausch der Gier, der es wagt, seinen Namen zu nennen. Kapitalismus muss sich nicht mehr mit entschuldigenden, faschistisch-paranoiden Begründungen hinter verschlossenen Türen verstecken und behaupten, er diene dem öffentlichen Wohl. Er kann auf Glauben und gesunden Menschenverstand verzichten, weil er jetzt stärker ist als jede moralische Begrenzung und stärker als die Ideologien, die ihn reproduzieren.

Die Menschen, die ihn repräsentieren — Donald Trump und Michael Milken — verkörpern nicht eine Ideologie, sondern einen Wunsch. Ein abstrakter Wunsch, eine Besessenheit vom Sammeln von Zahlen und Quantitäten. Etwas zu besitzen ist eine moralische und rationale Sache; genau wie das Streben, Kapital zu sammeln, um Zeit, Dinge und Erlebnisse zu kaufen. Aber jemanden zu besitzen, der mehr Reichtum anhäuft, als er jemals ausgeben könnte? Und dann ohne weiteres Interesse oder Zweck weiter zu sammeln, größere und größere Summen zu horten? Das ist etwas, das über Gut und Böse hinausgeht. Der Neo-konservative Kapitalist wird weniger durch das, was er hat, als vielmehr durch das, was ihn beherrscht, definiert. Er ist eine Inkarnation der Irrationalität… Er ist super-abstrakt.“ 【4】

Der post-postmoderne Kapitalismus tritt als eine tödliche Anziehungskraft an der Oberfläche hervor, die direkt mit dem gesellschaftlichen Raum zusammenfällt. 【5】

Die Grenzen dieses großen und neuen Systems werden nun nicht mehr nur vom Himmel bestimmt. Früher gab es ein Motto, das die Expansion Amerikas symbolisierte: „Gehe nach Westen, junger Mann!“ (Go West! Young Man!). Elon Musk hat es geändert zu „Lasst uns zum Mars gehen!“ (Let’s Go to Mars!). Vielleicht sollten diese Oligarchen seinem Ruf folgen und ihre eigene Xanadu auf dem Roten Planeten errichten.

NOTIZEN

1. Abkürzung für die vier mächtigsten amerikanischen multinationalen Unternehmen, Google, Apple, Facebook und Amazon, in französischem und europäischem Recht. ↑
2. Der Begriff stammt aus dem Film Gaslight (1944) von George Cukor. In dem Film zwingt der gierige und sadistische Charakter Charles Boyer seine Ehefrau Ingrid Bergman, ihren Verstand zu verlieren. ↑
3. Mickey Spillane. The Snake. Signet. New York: 1964. S. 16, 19. ↑
4. Brian Massumi. Monstrosity in A User’s Guide to Capitalism and Schizophrenia: Deviations from Deleuze and Guattari. MIT Press. Cambridge: 1993. S. 151. ↑
5. Dasselbe Quelle. S. 152. ↑

*Michel Valentin, Autor, EPIS-Forscher und emeritierter Professor an der Universität Montana.

Quelle: https: www.counterpunch.org/2025/02/13/high-tech-capitalism-and-neo-feudalism/