Die Familienkrise als eine Frage der Existenz und das Familieninstitut

Die Institution der Familie ist nicht nur die Grundlage für individuelles Wohlergehen und Solidarität, sondern auch für gesellschaftliche Stabilität und Fortschritt. Heute jedoch steht die Familie unter dem Einfluss verschiedener ideologischer und struktureller Bedrohungen. Die Gründung des Familieninstituts sollte als ein entscheidender Schritt angesehen werden, um diesen Bedrohungen mit einer authentischen und einheimischen Perspektive zu begegnen.
Januar 3, 2025
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Die Institution der Familie ist nicht nur die Grundlage für individuelles Wohlergehen und Solidarität, sondern auch für gesellschaftliche Stabilität und Fortschritt. Heute jedoch steht die Familie unter dem Einfluss verschiedener ideologischer und struktureller Bedrohungen. Die Gründung des Familieninstituts sollte als ein entscheidender Schritt angesehen werden, um diesen Bedrohungen mit einer authentischen und einheimischen Perspektive zu begegnen.

 

DIE ERWARTUNGEN AN DAS FAMILIENINSTITUT ANGESICHTS DER FAMILIENKRISE ALS EXISTENZFRAGE

Mit dem Dekret, das mit der Zustimmung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan veröffentlicht wurde, wurde das „Familieninstitut“ gegründet. Ziel ist es, Daten zu generieren und Politiken zu entwickeln, um die Familienstruktur zu schützen und zu stärken. Zu den Aufgaben des Instituts gehören der Schutz und die Stärkung der Familienwerte, die Verbesserung des sozialen Wohlergehens von Familien sowie die Durchführung von Forschungsarbeiten zu allen ministeriellen Aktivitäten, die sich mit Frauen, Kindern, Menschen mit Behinderungen, Senioren, Angehörigen von Märtyrern, Veteranen und deren Familien befassen. Darüber hinaus wird das Institut Fachprogramme, Zertifikatskurse sowie Seminare, Symposien und Konferenzen anbieten, die zur Verbesserung sozialer Dienstleistungen beitragen sollen (TRT Haber, 2024).

Doch wird dieses Institut in der Lage sein, Lösungen für die Bedrohungen zu finden, die die Familie umgeben? Zunächst muss man sich der genannten Bedrohungen bewusst werden.

Die erste Bedrohung ist die sogenannte „Woke-Kultur“, die das Denken, die Politikgestaltung und die berufliche Praxis im Bereich der Familienpolitik zunehmend beherrscht. Diese politisch korrekte Sprache übt einen nahezu faschistoiden Zwang aus. Die meisten Akteure auf diesem Gebiet, einschließlich Bürokraten und Akademiker, scheinen einem unsinnigen Minderwertigkeitskomplex zum Opfer gefallen zu sein. Diese Kreise ignorieren traditionelle und ontologische Quellen und haben eine eurozentrische Perspektive zur nahezu einzigen Referenz der Wahrheit erhoben. Sie akzeptieren unkritisch und wiederholen wie Papageien ihre vorgefertigten Meinungen.

An erster Stelle steht dabei das Thema der Geschlechtergerechtigkeit. Der Begriff der Geschlechteridentität wird auf eine geschichts-, kultur- und kontextlose Weise verwendet, während andere Sichtweisen grundsätzlich als unwissenschaftlich abgelehnt werden. Ein Familienpolitikvorschlag, der lautstark die Existenz nur zweier legitimer Geschlechter betont, wird nicht einmal in eine vernünftige und akzeptable Diskussion einbezogen. Ihre Perspektiven zu sozialen Problemen des Landes basieren nicht auf Daten, sondern beschränken sich darauf, ihre festgefahrenen Meinungen zu wiederholen. Sie projizieren die Probleme der angelsächsischen Welt auf die eigene Gesellschaft und versuchen, deren Lösungen hier aufzuzwingen. Dies ist nichts anderes als ein Verrat der Intellektuellen.

Erstaunlicherweise haben auch konservative Kreise diesem Zwang nachgegeben und reproduzieren dieselbe Sprache.

Auch die Berufe, die Dienstleistungen für das Wohlergehen der Familie erbringen, stehen unter dem Einfluss dieser kulturellen und wissenschaftlichen Hegemonie. Eine modernistische und imperialistische Perspektive hält diese Berufe in ihrem Bann. Sie sind nicht nur ihrem eigenen Gesellschaftssystem entfremdet, sondern versuchen auch, ein von eurozentrischen Werten geprägtes Gesellschaftsideal der eigenen Gemeinschaft aufzuzwingen.

Die politischen Entscheidungsträger befinden sich ebenfalls bewusst oder unbewusst unter der Kontrolle dieser sozialen Ingenieurskunst. Die Prioritäten der helfenden Berufe in Bezug auf soziale Probleme sind ebenfalls höchst problematisch. Diese Kreise agieren, als wäre LGBT das einzige soziale Problem im Land.

Nicht nur, dass sie nicht erkennen, dass die Familie verloren geht, sie kümmern sich nicht einmal darum – im Gegenteil, sie begrüßen diesen Prozess mit Begeisterung. Mit ihrer entfremdeten, ja feindseligen Haltung gegenüber der eigenen Gesellschaft reproduzieren sie mit ihren Berufen, die eigentlich helfen sollten, die Hilflosigkeit der Menschen, anstatt sie zu lindern.

Das Familieninstitut sollte:

➢ Vor allem eine neue Sprache entwickeln. Es sollte in Konzepte, Theorien, Politiken, Programme und Praktiken investieren, die auf traditionelle und ontologische Quellen Bezug nehmen.

➢ Sich der Entfremdung gegenüber der eigenen Gesellschaft und Kultur entgegenstellen und trotz aller Rückwärtsgewandtheit- und Anachronismus-Vorwürfe eine selbstbewusste und standhafte Haltung einnehmen.

➢ Lösungen entwickeln, um Fachkräfte der helfenden Berufe mit der eigenen Gesellschaft zu versöhnen, damit sie sich auf die wirklich drängenden sozialen Probleme konzentrieren können.

Die zweite Bedrohung sind koloniale Interventionen, die sowohl Ursache als auch Folge der ersten Bedrohung sind. Besonders das Familienministerium greift in nahezu jedem Projekt oder Programm auf die Anleitung internationaler Organisationen zurück. Diese Anleitung ist in der Praxis nichts anderes als eine kolonialisierende Intervention. Dies ist das unausweichliche Ergebnis einer wurzellosen und traditionslosen Wohlfahrtsmentalität.

Eine auf globale Agenden ausgerichtete Sozialfürsorge wird mit der Zeit ihre eigenen, auf die Gesellschaft abgestimmten Lösungen verlieren und internationalen Interventionen eine Art Retterrolle zuschreiben. Als Folge dieser Interventionen internationaler Organisationen sind unsere derzeitigen Politiken und Praktiken – trotz der wiederholten Forderungen unseres Präsidenten, die Geburtenrate zu erhöhen – leider immer noch anti-natalistisch und fokussieren sich auf Familienplanung.

Eine weitere Erscheinungsform kolonialer Interventionen ist die Begeisterung, Modelle und Programme aus Europa zu übernehmen. Die Annahme lautet: Soziale Probleme und deren Lösungen seien offensichtlich, daher gebe es keinen Grund, diese nicht nach angenehmen Europareisen in unser Land zu importieren. Dies ist nicht nur wirtschaftlich kostspielig, sondern verursacht vor allem enorme gesellschaftliche und kulturelle Kosten. Es ist dringend notwendig, dieser sozialen Ingenieurskunst Einhalt zu gebieten und lokale Lösungen zu entwickeln.

Das Familieninstitut sollte:

➢ Wege finden, diese koloniale Praxis und die damit verbundenen Verschwendungen zu stoppen.

➢ Lokale Akteure in das System einbinden.

➢ Datenbasierte soziale Programme entwickeln, die den Bedürfnissen des Landes entsprechen.

Die dritte Bedrohung ist eine falsch verstandene und neoliberale Verteidigung der Familienzentrierung als Reaktion auf die oben genannten Bedrohungen. Es wird angenommen, dass wir eine familienzentrierte Sozialpolitik betreiben, doch das ist ein großer Irrtum! In der Realität setzen wir neoliberale Politiken um, die die Last des sozialen Wohlergehens auf die Familie abwälzen. Die Familie ist dabei völlig überfordert.

Das Familieninstitut sollte:

➢ Wege finden, den Wohlstand mit der Familie zu teilen, anstatt die Last des sozialen Wohlergehens auf sie abzuwälzen.

➢ Politiken entwickeln, die die Familie nicht belasten, sondern stärken.

Die vierte Bedrohung sind übermäßig zentralisierte und problemorientierte Sozialpolitiken. Eine Sozialpolitik, die unempfindlich gegenüber lokalen Problemen und Bedürfnissen ist, wird wenig dazu beitragen, das Wohlergehen der Gesellschaft zu verbessern. Nicht nur Probleme und Bedürfnisse, sondern auch Ressourcen und Partner für Lösungen sind vielfältig.

Problemorientierte Sozialpolitiken können kurzfristig wirtschaftlich weniger kostenintensiv sein, verursachen jedoch langfristig höhere soziale Kosten und verdoppeln schließlich auch die wirtschaftlichen Ausgaben. Zudem ist eine problemorientierte Sozialpolitik in einigen Bereichen völlig unzureichend. Ein Beispiel hierfür ist die Drogenabhängigkeit, die in naher Zukunft eines der drängendsten sozialen Probleme sein wird. Es ist entscheidend, sicherzustellen, dass junge Menschen gar nicht erst mit Drogen in Kontakt kommen.

Das Familieninstitut sollte:

➢ Kontinuierlich Bedarfsanalysen durchführen, um lokale Probleme und Bedürfnisse zu erkennen, und Lösungen entwickeln, die auf die Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren abzielen.

➢ Aus einer präventiven und schützenden Perspektive heraus lösungsorientierte Politiken und Modelle entwerfen.

➢ Ein Sozialsystem schaffen, das nicht nur bei Problemen erreichbar ist, sondern auch im Alltag leicht zugänglich bleibt. In diesem Zusammenhang ist ein quartierszentriertes Sozialsystem von entscheidender Bedeutung. Es braucht in jedem Viertel Fachkräfte, die einfach erreichbar sind. Dies ist notwendig, um die Gesellschaft zu stärken und die Eigeninitiative der Menschen zu fördern.

➢ Daran arbeiten, die Kapazitäten von zivilgesellschaftlichen Organisationen so zu erweitern, dass sie professionelle soziale Dienste leisten und anwenden können. Gleichzeitig sollten sie in die Lage versetzt werden, effektiv mit staatlichen Institutionen zusammenzuarbeiten.

Die fünfte Bedrohung ist der Zustand von Wertlosigkeit und kultureller Verrohung, der in den traditionellen und sozialen Medien vorherrscht. Aus diesen Kanälen strömt förmlich eine Welle des Verfalls. Das Problem besteht nicht nur in einem Scheitern im Bereich der „kulturellen Hegemonie“, sondern auch darin, dass alle Teile der Gesellschaft diesen Verfall, die Wertlosigkeit und die moralische Dekadenz zunehmend akzeptieren und sogar dafür empfänglich werden.

Das Familieninstitut sollte:

➢ Der Gesellschaft ein Idealbild einer „guten Gesellschaft“ präsentieren. Es sollte den individualisierten Massen, die ihre Wünsche und Begierden ins Zentrum ihres Lebens stellen, eine Alternative aufzeigen. Dabei sollte der Idealismus aus der Ecke einer veralteten Rhetorik geholt und die Jugend wieder mit Idealen vertraut gemacht oder mit ihnen versöhnt werden.

Fazit:

Die Institution der Familie ist nicht nur die Grundlage für individuelles Wohlergehen und Solidarität, sondern auch für gesellschaftliche Stabilität und Fortschritt. Doch heute ist die Familie verschiedenen ideologischen und strukturellen Bedrohungen ausgesetzt. Die Gründung des Familieninstituts ist ein entscheidender Schritt, um eine authentische und lokale Perspektive zu entwickeln, die diesen Bedrohungen entgegentritt.

Das Institut muss traditionelle Werte mit modernen Bedürfnissen in Einklang bringen und Politiken sowie Programme entwickeln, die die Familie stärken. Besonders wichtig ist es, eine Sprache zu finden, die der kulturellen Entfremdung entgegenwirkt, lokal angemessene Lösungen bietet und nachhaltige Modelle schafft, die den Bedürfnissen der Gesellschaft gerecht werden.

Das Familieninstitut sollte nicht nur bestehende Bedrohungen erkennen, sondern präventive, schützende und stärkende Politiken entwickeln, die die gesamte Gesellschaft einbeziehen. Dazu ist es notwendig, die Zusammenarbeit zwischen staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren zu stärken sowie auf wissenschaftlicher Basis sowohl auf lokaler als auch auf internationaler Ebene Lösungen zu erarbeiten.

Das Familieninstitut muss durch seine Arbeit dazu beitragen, den lähmenden Stillstand zu überwinden und uns zu einer neuen Besinnung und Stärkung zu führen. Die Krise der Familie ist zugleich die Krise unseres alten und ehrenwerten Staates.

In diesem Sinne möchte ich allen danken, die sich für die Gründung eines solchen Instituts eingesetzt haben. Möge Gott Ihre Bemühungen segnen und Ihre Anstrengungen nicht vergeblich sein lassen.

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