Baby Aylan und das vergessene Syrien

Syrien… Ein Land, in dem einst der Klang von Kupferschlägen in den Märkten von Damaskus und Aleppo widerhallte, wo die Gebetsrufe wie eine sanfte Melodie in den Himmel stiegen, die Straßen von Oliven dufteten, Kinder in den Granatapfelgärten von Damaskus spielten und die gepflasterten Gassen mit den Spuren von Seide und Gewürzen bedeckt waren… Ein Land, das von Legenden durchzogen und ein Ort des kulturellen Austauschs war, ein Ort, an dem Frieden, Stille und Geschichte in jedem Winkel zu finden waren.
Dezember 20, 2024
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Syrien… Ein Land, in dem einst der Klang von Kupferschlägen in den Märkten von Damaskus und Aleppo widerhallte, wo die Gebetsrufe wie eine sanfte Melodie in den Himmel stiegen, die Straßen von Oliven dufteten, Kinder in den Granatapfelgärten von Damaskus spielten und die gepflasterten Gassen mit den Spuren von Seide und Gewürzen bedeckt waren… Ein Land, das von Legenden durchzogen und ein Ort des kulturellen Austauschs war, ein Ort, an dem Frieden, Stille und Geschichte in jedem Winkel zu finden waren.

 

‚Doch heute trägt der Wind nur noch gebrochene Lieder,

von den Dächern fallen trauernde Melodien.

Aber die Hoffnung bleibt verborgen,

in den Wellen des Euphrats, im Traum eines Kindes…‘

 

Das kühle Wasser des Euphrats berührt sanft das Land und bringt Fülle, und in den engen Gassen von Aleppo hallen noch immer die Hämmer der Kupferschmiede. In diesen Straßen, die von tausendjähriger Geschichte durchzogen sind, erzählten die Wege von Zivilisation und Frieden, in denen unterschiedliche Kulturen in Harmonie zusammenfanden. Doch nun hat der Wind seinen Klang gegen traurige Lieder eingetauscht…

Syrien begann sich ab 1971 unter dem Militärputsch der Alawitischen Diktatur von Hafiz al-Assad zu formen. Besonders nach dem Massaker von Hama im Jahr 1982, bei dem Hafiz al-Assad gegen die muslimische Bevölkerung vorging, festigte er seine Macht. Dabei erhielt er Unterstützung sowohl von Westen, Russland als auch vom sogenannten Islamischen Staat Iran. Nach dem Tod des Massenmörders Hafiz al-Assad im Jahr 2000 übernahm sein Sohn Bashar al-Assad die Macht. Doch auch nach diesem Übergang führten die weiterhin bestehenden Probleme und Unterdrückung zu einem Aufschwung der lang angestauten Wut der Bevölkerung.

2011, während des Arabischen Frühlings, begannen friedliche Proteste gegen das Regime in verschiedenen syrischen Städten, doch das Alawiten-Regime unter Assad ging brutal gegen diese Proteste vor. Die gewaltsame Unterdrückung der friedlichen Demonstrationen von Bürgern, die nur ein freieres Leben in ihrer Heimat wollten, führte schließlich zu einer breiteren Rebellion. Mit der Unterstützung von Russland und dem Iran, die dem Regime beistanden, und der USA, die sich unter dem Vorwand der Bekämpfung von ISIS in der Region positionierten, verwandelte sich der Konflikt in einen Krieg, in dem viele Nationen involviert waren.

Der Krieg vertiefte sich mit den Jahren immer weiter. Seit 2012 eroberte die alawitische syrische Armee, unterstützt von iranischen Gruppen, 90% von Aleppo, das zuvor von den Oppositionskräften kontrolliert wurde. Das Massaker von Aleppo gehörte zu den dramatischsten und zerstörerischsten Phasen des syrischen Bürgerkriegs. Die Regierungstruppen, von den sektiererischen Milizen des Iran und russischen Kampfflugzeugen unterstützt, zielten auf zivile Wohnviertel, Schulen und Krankenhäuser. Mit Fassbomben wurden die zivile Infrastruktur und Wohngebäude zerstört. Chemische Waffen kamen ebenfalls zum Einsatz. Zehntausende Menschen flohen vor den vorrückenden Regierungstruppen und suchten Zuflucht in Lagern oder in benachbarten Ländern wie der Türkei, dem Irak, Jordanien und Libanon. Obwohl das Massaker weltweit Empörung hervorrief, gab es keine wirksame internationale Intervention. Das Massaker von Aleppo bleibt nicht nur eine Wunde für Syrien, sondern auch ein schwerer Schlag für das globale menschliche Gewissen.

Das besetzende Baath-Regime Syriens griff am 21. August 2013 im Osten von Damaskus, in der Region Ghouta, zu chemischen Waffen und tötete mehr als 1400 Zivilisten, von denen die meisten Kinder waren. Ghouta wurde einem Massaker ausgesetzt, bei dem die gesamte Waffenarsenale der alawitischen Baath-Armee und der schiitischen Mörderbanden des Iran zum Einsatz kamen. Viele Kinder und Frauen wurden von Giftgas betroffen. Nach einem erzwungenen Abkommen mit den Oppositionskräften, das mit den Regierungstruppen und Russland abgeschlossen wurde, sahen sich die Menschen gezwungen, die Region zu verlassen. Millionen von Syrern wurden vertrieben und mussten in benachbarte Länder und nach Europa fliehen. Hunderttausende verloren ihr Leben. Diese Kräfte, die noch grausamer und mit mehr zivilem Blutvergießen als Israel agierten, fanden in der westlichen Welt und der internationalen Gemeinschaft keine Stimme der Empörung. Das syrische Volk konnte nur durch die bedingungslose und brüderliche Haltung der Türkei zu einem gewissen Grad standhalten. Letztlich stehen die Türken und Syrer, die vor einem Jahrhundert noch Brüder im gleichen Land, Schicksal und Glauben waren, auch heute noch zusammen und widerstehen gemeinsam allen Tyrannen.

Die Tragödie, der das syrische Volk ausgesetzt war, ist in die schändlichen Seiten der Geschichte eingegangen. Neben den ermordeten und gefolterten Menschen bleibt auch das Drama der Millionen von Flüchtlingen, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden, in der Geschichte verankert.

Syrer, die versuchten, mit dem Schiff nach Europa zu fliehen, erlebten eine weitere Tragödie, als die Boote während der Reise kenterten. Eines der meistbeachteten Symbole dieser Tragödie war das Bild des kleinen Aylan Kurdi. Aylan war ein erst 3 Jahre altes Kind, das mit seiner Familie versuchte, dem inneren Konflikt in Syrien zu entkommen. Bis Ende 2011 lebte Aylan mit seiner Familie im Damaskus-Viertel Rukneddin, doch als die Kämpfe zunahmen, kehrten sie in das Dorf Bejdik zurück. Nach dem Angriff auf Kobani floh die Familie gemeinsam mit vielen anderen Flüchtlingen in die Türkei, unternahm jedoch dreimal vergebliche Versuche, nach Europa zu gelangen.

Am Morgen des 2. September 2015 stieg Aylan mit seiner Mutter Rehanna, seinem Vater Abdullah und seinem Bruder Ghalib in ein Boot, das sie am Alihoca-Burnu in der Türkei organisiert hatten. Wenige Stunden später verließen die Wellen das Boot, und der Kapitän floh. Vater Abdullah erzählte von diesen dramatischen Momenten: „Ich versuchte, das Boot zu steuern, aber eine große Welle traf das Boot. Das war der Moment, als alles geschah. Ich versuchte, meine Kinder und meine Frau festzuhalten, aber ich schaffte es nicht. Sie starben einer nach dem anderen.“

Der kleine Aylan starb am 2. September 2015, als das Boot, mit dem sie versuchten, nach Griechenland zu gelangen, kenterte. Aylans lebloser Körper wurde an den Strand von Bodrum gespült, und das Bild von ihm wurde zu einem Symbol für das Drama der Migranten.

Das erschütternde Foto von Aylan, das die Welt erschütterte, löste weltweit eine starke Reaktion in der internationalen Presse aus und führte zu einem Anstieg der Spenden an Hilfsorganisationen. Doch die Hilfe, die den Opfern der Tragödie zuteilwurde, konnte weder Aylan noch die anderen Kinder, die im Krieg ihr Leben verloren haben, zurückbringen.

Leider ist Syrien heute immer noch unter der Kontrolle eines tyrannischen Regimes und seiner Unterstützer Iran, Russland und den USA. Die Syrer warten nach 13 Jahren voller Massaker, Verlusten, Folter, Blut und Tränen immer noch darauf, dass ihr Land sich befreit und dass das grausame Baath-Regime und die unterstützenden Besatzungsländer das Land verlassen. Seit dem Tod von Aylan gibt es keine Veränderungen. Die Krise in Syrien hat das Leben der Kinder und ihre Hoffnungen auf die Zukunft beeinträchtigt, aber nicht zerstört.

Die Unterstützung, Gastfreundschaft und brüderliche Hand der Türkei hält die Hoffnung des leidenden syrischen Volkes noch immer am Leben.

 

Übersetzt von: Meryem M.

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