Trumps Zölle und Chinas langer Atem

Die neuen Zölle sollen China dazu bewegen, eine handelspolitisch entgegenkommendere Haltung gegenüber den USA einzunehmen. Doch ironischerweise kommen sie in einer Phase, in der Chinas Exporte – auch in die USA – rasant zunehmen. Dieser Trend steht im klaren Widerspruch zu Trumps erklärtem Ziel, Pekings wirtschaftlichen Einfluss einzudämmen.
Februar 3, 2025
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Donald Trump, der keine Schlagzeilen scheut, kündigte am 21. Januar an, einen Zoll von 10 % auf Importe aus China zu erwägen. Die Maßnahme soll voraussichtlich am 1. Februar in Kraft treten. Dieser jüngste Schritt im langjährigen Handelskrieg zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt sorgt für Verwunderung und zahlreiche offene Fragen.

Die geplanten Zölle sollen China angeblich dazu bewegen, eine handelspolitisch freundlichere Haltung gegenüber den USA einzunehmen. Doch ironischerweise fallen sie in eine Phase, in der Chinas Exporte – auch in die USA – deutlich gestiegen sind. Dieser Trend steht im Widerspruch zu Trumps erklärtem Ziel, Pekings wirtschaftlichen Einfluss einzudämmen.

Im Wahlkampf verschärfte Trump seinen Ton weiter und drohte, die Zölle auf chinesische Waren auf bis zu 60 % anzuheben. Doch obwohl diese aggressive Rhetorik den Handelskonflikt weiter eskaliert, hat sie bislang nicht die gewünschten Zugeständnisse von Peking gebracht.

Sind Trumps Zollandrohungen also ein wohlüberlegter strategischer Schachzug oder lediglich ein Versuch, die wirtschaftliche Dominanz der USA zurückzugewinnen?

Trump präsentiert China erneut als Hauptschuldigen für Amerikas wirtschaftliche und gesellschaftliche Probleme. So beschuldigt er Peking, durch die Lieferung von Vorläufersubstanzen an die Nachbarländer der USA die Fentanyl-Krise zu verschärfen – und stellt die Sucht-Epidemie damit als Folge lascher Grenzpolitik und internationaler Untätigkeit dar.

Doch Trumps Rhetorik endete hier nicht. Er schlug vor, auf Importe aus Mexiko und Kanada einen hohen Zollsatz von 25 % zu erheben und warf beiden Ländern vor, illegale Migration sowie den Schmuggel von Fentanyl in die USA zu ermöglichen. Darüber hinaus kündigte er Pläne zur Einrichtung eines „Auslands-Einnahmedienstes“ an, der die Erhebung von Zöllen und ausländischen Einkünften zentralisieren soll – ein weiteres Signal, dass er Handelszölle weiterhin als wirtschaftliches Druckmittel betrachtet.

Zum Jahresende 2024 zeigte sich jedoch Chinas Widerstandskraft gegenüber solchen Strafmaßnahmen. Die Exporte chinesischer Unternehmen in die USA stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 4 %, was die begrenzte Wirksamkeit von Trumps Druckstrategie verdeutlichte. Dennoch blieb das Handelsbilanzdefizit der USA eklatant: Während Chinas Exporte in die Vereinigten Staaten in den ersten elf Monaten des Jahres 2024 auf 401 Milliarden Dollar kletterten, erreichten die US-Exporte nach China lediglich 131 Milliarden Dollar.

Trumps zunehmende Anschuldigungen gegen China und seine aggressive Zollpolitik scheinen Teil einer umfassenderen Strategie zu sein, den globalen Handel neu zu ordnen. Doch in diesem riskanten Patt bleibt ungewiss, wer als Erster nachgeben wird.

Auf dem globalen Schachbrett des Handels sind Zölle ein zweischneidiges Schwert – und Donald Trump ist mit dessen Einsatz bestens vertraut. Sein Vorschlag, sämtliche Importe aus China mit Zöllen zu belegen, würde nahezu alle Produkte betreffen, von Alltagsgütern bis hin zu spezialisierten Industrieartikeln. Zwar präsentiert Trump diese Strategie als Mittel zum Schutz amerikanischer Interessen, doch die Auswirkungen könnten die Inflation anheizen und die Kosten letztlich direkt auf die US-Verbraucher abwälzen.

Ein Beispiel hierfür sind die für die US-Infrastruktur essenziellen Schiffs-Uferkräne, die vollständig aus China importiert werden. Der 25-prozentige Zoll auf diese Kräne hat bereits zusätzliche Kosten von 131 Millionen Dollar für amerikanische Häfen verursacht. Da es keine heimische Alternative gibt, stehen auf solche Importe angewiesene Branchen vor einer Sackgasse – sie können weder auf andere Lieferanten ausweichen noch den Preissteigerungen entkommen. Dies führt einmal mehr vor Augen, dass protektionistische Maßnahmen oft näher treffen, als ursprünglich beabsichtigt.

Peking zeigt sich von Trumps Eskalationsstrategie unbeeindruckt. Die Neue Seidenstraße (Belt and Road Initiative) und vertiefte Partnerschaften mit den BRICS-Staaten sind Teil einer langfristigen Strategie, um Chinas Abhängigkeit vom US-Markt zu verringern. Während China seine Handelsnetze diversifiziert, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass es weiterhin Zölle stillschweigend hinnehmen wird, ohne selbst Vergeltung zu üben.

Die entscheidende Frage bleibt: Wie lange kann die US-Wirtschaft diesen riskanten Handelskrieg aufrechterhalten, bevor Verbraucher und Unternehmen eine neue Strategie fordern? Während Trump die Zölle weiter verschärft, suchen amerikanische Unternehmen verstärkt nach Alternativen zu chinesischen Importen – doch dieser Prozess ist alles andere als einfach.

Sollte die US-Regierung ihre Zollpolitik auf wichtige Handelspartner wie die EU, Kanada oder Mexiko ausweiten, könnten auch die Importkosten aus diesen Ländern massiv steigen. Dies könnte eine Kettenreaktion auslösen, die dazu führt, dass erschwingliche Produkte auf dem US-Markt zunehmend verschwinden.

Zusätzlich erschwert die bereits bestehende Sanktionspolitik gegen Russland die Lage weiter, da sie den Pool potenzieller Lieferanten noch weiter einschränkt. Ein Beispiel für die Folgen solcher Maßnahmen zeigt sich in der vorherigen Zollkrise: Als die USA Zölle auf kanadischen und mexikanischen Stahl verhängten, stiegen die Inlandspreise für Eisen- und Stahlprodukte innerhalb von nur acht Monaten um bis zu 17,7 %.

Das Ergebnis? Amerikanische Verbraucher hatten nur zwei Optionen: höhere Preise zu akzeptieren oder mit einem eingeschränkten Warenangebot zu leben. Unabhängig davon, ob die Importe aus China oder anderen Ländern stammen – am Ende trägt die Bevölkerung die Hauptlast.

Während die Spannungen weiter eskalieren, wird eine unbequeme Realität für die USA immer offensichtlicher: Der Handelskrieg verläuft nicht nach Plan.

Ein Blick auf Chinas Handelsbilanz unterstreicht dies deutlich. Die Exporte im Dezember stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 10,7 % und erreichten einen neuen Rekord. Für das gesamte Jahr 2024 verzeichnete China ein Exportwachstum von etwa 6 % und erzielte ein Gesamtvolumen von 3,58 Billionen Dollar – ein klares Zeichen dafür, dass die Strafzölle ihren Zweck verfehlen.

China verzeichnet derzeit einen Rekord-Handelsüberschuss von 992 Milliarden Dollar – ein Anstieg von 21 % im Vergleich zum Vorjahr. Während Chinas wirtschaftlicher Aufstieg kurzfristig beiden Volkswirtschaften Vorteile bringen mag, zeigt er zugleich die zunehmende Instabilität eines von Rivalität und Handelskonflikten geprägten globalen Systems.

Das “lange Spiel” wird neu definiert – und es läuft nicht zugunsten Washingtons.

Während sich Donald Trump auf seine zweite Amtszeit vorbereitet, führte das Weiße Haus ein diplomatisch abgestimmtes Telefonat mit Chinas Staatschef Xi Jinping. Trotz unvermeidlicher Differenzen betonte Xi die Bedeutung des gegenseitigen Respekts für die „grundlegenden Interessen“ beider Nationen und äußerte die Hoffnung auf einen „guten Start“ in die bilateralen Beziehungen.

Doch Pekings Fokus bleibt weiterhin nach innen gerichtet. Chinas Regierung scheint sich von Trumps unberechenbarer Rückkehr nicht beeindrucken zu lassen. Die staatlichen Medien verfolgen eine zurückhaltende Tonlage, die widerspiegelt, dass Peking eine strategische Stabilität bevorzugt, anstatt auf äußere Unsicherheiten überstürzt zu reagieren.

Chinas Ansatz bleibt geduldig und gezielt. Die jüngsten Entwicklungen zeigen, dass Peking bereit ist, Trump den ersten Zug machen zu lassen, um seine Schritte dann mit wohlüberlegten Gegenmaßnahmen auszubalancieren.

Während die USA in vielen Bereichen weiterhin strategische Vorteile genießen, spielt der Faktor Zeit für China. Trump ist in seinem Handeln durch eine vierjährige Amtszeit begrenzt, während Xi Jinping langfristig planen und agieren kann.

Imran Khalid ist ein geopolitischer Analyst und Kolumnist für internationale Beziehungen. Seine Arbeiten wurden in renommierten globalen Medien und Publikationen veröffentlicht.

Quelle: https://fpif.org/trumps-tariffs-vs-chinas-long-game/