Erdoğans Historischer Aufruf: Die islamische Welt muss ein Pol sein

Die historische Rede von Präsident Recep Tayyip Erdoğan auf dem Treffen des Rates der Außenminister der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) in Istanbul fand nicht nur in der islamischen Welt, sondern weltweit große Beachtung. Erdoğan sprach wie folgt: „Das Schicksal Istanbuls ist nicht getrennt vom Schicksal von Damaskus, Bagdad, Teheran, Mekka, Medina, Gaza oder Jerusalem. Es ist notwendig, dass die islamische Welt mit ihren zwei Milliarden Menschen zu einem eigenen Pol wird. Wir stehen an der Schwelle zu einer neuen Ära, in der die islamische Welt mehr Verantwortung übernehmen muss.“
Juni 22, 2025
image_print

Präsident Erdoğans Manifest

Die Wahrheit liegt nun offen vor uns: Den muslimischen Ländern bleibt kein anderer Weg, als ein starkes Bündnis zu schmieden. Dieses Bündnis darf kein bloßes Konstrukt am Verhandlungstisch sein, sondern es braucht eine echte Armee und eine strategische Führung. Und dieses führende Land ist zweifellos die Türkei – mit ihrer Geschichte, ihrem Erfahrungsschatz und dem Widerstandsgeist ihres Volkes. Unsere Intellektuellen, Akademiker, Schriftsteller, Bürokraten und Politiker müssen interne Streitereien hinter sich lassen und diese Aufgabe zur höchsten Priorität im Namen der Würde der Menschheit erklären.

Wenn wir in der neu entstehenden postmodernen globalen Ordnung unseren Platz einnehmen wollen, wenn wir unseren Kindern eine würdevolle Zukunft und der Umma einen friedlichen Morgen hinterlassen möchten, dann müssen wir uns mit aller Kraft an dieses Bündnis klammern.

Die von der westlichen Welt seit einem Jahrhundert gepredigten Konzepte – Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, internationale Institutionen – haben sich allesamt als Mythen erwiesen. Hinter all dem verbarg sich ein nie endender Kreuzzugshass, ein politisches Christentum und letztlich die Herrschaft eines politischen, zionistisch-mystischen Weltbildes. Während die Großmächte sich an die angeblich religiösen Grundlagen des Zionismus klammern, ziehen sie sogar ihre eigenen Völker in diese Lügen hinein. Der republikanische US-Senator aus Texas, Ted Cruz, fasste dieses Denken mit den Worten zusammen: „Als ich im Sonntagsschulunterricht war, wurde mir aus der Bibel beigebracht: Wer Israel segnet, wird gesegnet; wer es verflucht, wird verflucht.“

Der ägyptische liberale Politiker Mamdouh Hamza, der mit Nachdruck jahrzehntelang eine säkulare Weltanschauung verteidigte, musste heute – mit Blick auf die Lage der Weltpolitik – diese bittere Wahrheit eingestehen: „Ich war immer dagegen, dass Religion in die Politik eingreift. Ich dachte, der Westen würde in seinen Freund-Feind-Beziehungen die Religion nicht wichtig nehmen. Aber jetzt… habe ich erkannt, dass ich mich geirrt habe. Und angesichts dessen, was ich heute sehe, halte ich ein islamisches Bündnis oder eine islamische Union für unausweichlich und notwendig – denn andernfalls werden die Staaten nacheinander untergehen.“

Einer der führenden Staatsmänner, die diese Wahrheit seit Jahren mit lauter Stimme aussprechen, ist der Präsident der Türkei, Recep Tayyip Erdoğan. Seine historische Rede beim Treffen des Rates der Außenminister der Organisation für Islamische Zusammenarbeit in Istanbul fand nicht nur in der islamischen Welt, sondern auf der ganzen Welt große Beachtung. Erdoğan sagte dabei:

„Das Schicksal Istanbuls ist nicht getrennt vom Schicksal von Damaskus, Bagdad, Teheran, Mekka, Medina, Gaza oder Jerusalem.“

Mit einer Rede, die den Charakter eines Manifests trug, richtete sich Präsident Recep Tayyip Erdoğan an die zwei Milliarden umfassende islamische Welt und sprach nicht nur einen historischen Appell aus, sondern betonte auch das gemeinsame Schicksal der Umma. Er sagte:

„Es ist notwendig, dass die islamische Welt mit ihren zwei Milliarden Menschen zu einem eigenen Pol wird. Wir stehen an der Schwelle zu einer neuen Ära, in der die islamische Welt mehr Verantwortung übernehmen muss.“

Und unmittelbar darauf hallten seine Worte wider, die über nationale Grenzen hinausgingen und das gemeinsame Schicksal der Umma beschrieben:

„Ob Türke, Kurde, Araber oder Perser; ob Sunnit, Schiit oder Alevit; ob aus Afrika, Asien oder Lateinamerika – wie die Gebetsrichtung der Muslime eins ist, so ist auch ihr Schicksal gemeinsam.“

Diese Worte waren nicht nur ein Wunsch, sondern auch ein Aufruf, eine Warnung und die Verkündung einer historischen Chance. Erdoğan kündigte der islamischen Geographie an, dass nun die Zeit der „Einheit“ gekommen sei. Direkt im Anschluss betonte auch Außenminister Hakan Fidan in derselben Sitzung mit klaren Worten die eigentliche Wurzel des Problems:

„Nicht Palästina, nicht Syrien, nicht Irak oder Iran… Es gibt nur ein einziges Problem im Nahen Osten: Israel. Das ist nicht nur das Problem unserer Region, sondern der gesamten Welt. Es muss beim Namen genannt werden: Das Israel-Problem.“

Israels Premierminister Netanyahu, der für seine blutigen Angriffe bekannt ist, offenbarte kürzlich mit diesen Worten seine Denkweise:

„Nach der Gründung des Staates Israel standen wir einem vereinten arabischen Raum gegenüber… und wir haben ihn Stück für Stück zerschlagen.“

Diese Worte erinnern an eine alte Fabel. Es heißt, dass einst in einem Wald drei Stiere lebten: ein weißer, ein roter und ein schwarzer. Sie waren unzertrennlich. Sie aßen gemeinsam, wanderten gemeinsam umher und trafen ihre Entscheidungen gemeinsam – als wären sie nicht drei Körper, sondern ein einziges Herz.

Doch im selben Wald schlich auch ein hungriger Löwe im Schatten umher. Immer wenn er sie sah, dachte er: „Wenn sie doch nur allein wären…“ Denn ihre Kraft lag in ihrer Einheit.

Eines Tages zog der Löwe den roten und den schwarzen Stier beiseite und sprach mit schmeichelnden Worten:

„Dieser weiße Stier schadet uns.
Mit seiner Farbe zieht er die Aufmerksamkeit anderer Tiere auf sich, wird beliebt und freundet sich mit ihnen an… und wir bleiben außen vor.
Wenn ihr ihn mir überlasst, werden wir alle in Frieden leben.“

Die beiden Stiere senkten ihre Köpfe und sagten:
„Du hast recht. Nimm ihn, friss ihn – dann sind wir ihn los.“

Und der Löwe griff an.
Der weiße Stier rief um Hilfe, schrie, suchte mit seinen Blicken nach seinen Freunden…
Doch keine Hand wurde ihm gereicht, keine Schulter ihm geboten.
Und so wurde der weiße Stier besiegt.

Tage vergingen.
Der Löwe bekam wieder Hunger. Dieses Mal wandte er sich dem roten Stier zu – noch höflicher, noch schmeichlerischer:
„Der schwarze Stier ist eine Last für uns. Seine Farbe ist furchteinflößend, sie schreckt die anderen Tiere ab. Überlass ihn mir,
und wir leben gemeinsam glücklich und zufrieden.“

Der rote Stier nickte. Der Löwe griff an.
Der schwarze Stier suchte Hilfe mit seinen Blicken, aber der rote Stier wandte seinen Kopf zur Seite.
Und auch der schwarze Stier wurde besiegt.

Und schließlich… blieb nur noch der rote Stier übrig.
Der Löwe hatte wieder Hunger, und diesmal machte er keinen Hehl mehr aus seiner Absicht:
„Du bist nun allein, roter Stier…
Ich werde dich fressen. Du kannst weder fliehen noch wird dich jemand retten!“

In diesem Moment erkannte der rote Stier die Wahrheit.
Als seine Augen sich schlossen, entglitt ihm dieser letzte Satz von den Lippen:
„Ich… wurde in dem Moment besiegt, als der weiße Stier besiegt wurde!“

Diese Geschichte ist kein Märchen.
Diese Erzählung ist die reine Wahrheit – die Wirklichkeit der „teile und herrsche“-Politik,
die die Briten seit Jahrhunderten in der islamischen Welt anwenden.
Jede einzelne Gemeinschaft der Umma sah dabei zu, wie die andere geschwächt wurde.
Und heute ist jeder an der Reihe.

Mehr Schweigen, mehr Spaltung, mehr Täuschung – das ist nicht mehr hinnehmbar.
Der Ruf zur Einheit, den Präsident Erdoğan ausgesprochen hat,
richtet sich nicht nur an Akademiker, Schriftsteller, Bürokraten und Politiker –
sondern an jedes einzelne Mitglied der Umma, an jedes Gewissen, an jedes Herz.

Abschließend wollen wir auf die Heuchelei des Westens hinweisen,
der den Iran wegen seines Atomprogramms kritisiert –
aber zu Israels Nukleararsenal schweigt.
Dazu sagte Russlands stellvertretender Vorsitzender des Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew, treffend:

„Israel muss – ebenso wie der Iran – sein Atomprogramm aufgeben.“

Turan Kışlakçı

Turan Kışlakçı absolvierte sein Hochschulstudium in Islamabad und Istanbul. Seine journalistische Laufbahn begann bereits in der Mittelschulzeit. Er arbeitete als Auslandsredakteur bei der Zeitung Yeni Şafak. Kışlakçı ist Gründer der Plattformen Dünya Bülteni und Timeturk. Er übernahm leitende Funktionen bei mehreren bedeutenden Medieninstitutionen: Als Leiter der Nahost- und Afrika-Berichterstattung bei der Anadolu Ajansı sowie als Generalkoordinator bei TRT Arabisch.

Zudem war er Vorsitzender der Türkisch-Arabischen Journalistenvereinigung sowie der MEHCER-Stiftung und bekleidete das Amt des Staatssekretärs im katarischen Kulturministerium. Derzeit moderiert er die Sendung „Fildişi Kule“ (Elfenbeinturm) beim Sender Ekol TV und schreibt regelmäßig für die arabischsprachige Zeitung al-Quds al-Arabi. Er ist Autor von zwei Büchern über den Nahen Osten.

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.