Transformation in der Landwirtschaft und der Kampf gegen die Inflation

Die Investitionen der Türkei in die Landwirtschaft sind in Wahrheit Investitionen in die gesamte Wirtschaft. Um Zinsausgaben zu sparen, die Inflation dauerhaft zu senken, Preisstabilität zu gewährleisten, Haushaltsdisziplin zu wahren und den Wohlstand breiter zu verteilen, ist das Feld der richtige Ort, um anzusetzen. Denn Inflation beginnt nicht nur im Supermarkt, sondern in erster Linie auf dem Feld – und dort kann sie auch gestoppt werden.
April 26, 2025
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Die landwirtschaftliche Produktionsplanung sollte nicht nur durch Subventionen, sondern auch auf Grundlage wissenschaftlicher Analysen erfolgen, die bestimmen, welche Produkte in welcher Region und in welchem Umfang angebaut werden sollten.
Faktoren wie Bodenbeschaffenheit, Wasserressourcen, Klimadaten und Marktzugang sollten gemeinsam bewertet werden. Auf Basis dieser Analysen sollten für die Regionen empfohlene Anbaumuster entwickelt werden.

Die Landwirtschaft wird oft ausschließlich als Angelegenheit der Bauern, der Dorfbewohner oder der ländlichen Bevölkerung angesehen. Doch bei jeder Preissteigerung in unserer Küche, bei jeder Welle von Preiserhöhungen auf dem Markt und sogar bei den Zinsentscheidungen der Zentralbank wird deutlich, wie essenziell dieser Sektor eigentlich ist.

Heute geht es um mehr als nur die Produktion. Die Landwirtschaft ist zu einem strategischen Bereich im Kampf gegen die Inflation, zu einem Instrument zur Haushaltskonsolidierung und zu einer tragenden Säule nachhaltiger Entwicklung geworden.

Ende 2024 lag die jährliche Inflationsrate in der Kategorie „Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke“ in der Türkei bei 72 %. Der Anteil dieser Gruppe im Verbraucherpreisindex (VPI) betrug 24,96 %. Zusammengenommen zeigen diese beiden Zahlen, dass rund 40,5 % der landesweiten Jahresinflation von insgesamt 44,38 % allein auf steigende Lebensmittelpreise zurückzuführen sind.

Diese Quote zeigt deutlich, dass geldpolitische Maßnahmen nur begrenzt wirksam sein können – strukturelle Maßnahmen auf der Angebotsseite sind unerlässlich. Ohne den Preisdruck aus der Landwirtschaft zu verringern, ist ein nachhaltiger Kampf gegen die Inflation nicht möglich.

Trotzdem bleibt der Anteil der Landwirtschaft im zentralen Staatshaushalt weiterhin sehr gering. Für das Jahr 2024 belief sich der Gesamthaushalt auf rund 11,089 Billionen TL, während die für die Landwirtschaft bereitgestellten Unterstützungen lediglich 91,6 Milliarden TL betrugen. Das entspricht nur 0,83 % des Gesamtbudgets. Auch in diesem Jahr blieb die Quote bei etwa 0,9 %.

In den Ländern der Europäischen Union hingegen liegt dieser Anteil zwischen 1,5 % und 2,5 %. Dass die Türkei einem Sektor, der mehr als 40 % zur Lebensmittelinflation beiträgt, weniger als 1 % Unterstützung gewährt, stellt einen eklatanten Widerspruch dar.

Die Landwirtschaft ist also nicht nur ein wirtschaftliches, sondern auch ein strategisches Thema. Andernfalls werden sowohl Verbraucher als auch Produzenten und der Staat weiterhin unter diesem Ungleichgewicht leiden.

Wenn wir einen realistischen Transformationsplan entwickeln, die Agrarsubventionen auf 3 % des Staatshaushalts erhöhen – also auf etwa 332 Milliarden TL – und diese Mittel nicht wahllos, sondern gezielt für eine geplante Produktionsstruktur, moderne Bewässerungsinvestitionen, Subventionen für Betriebsmittel und die Förderung von Genossenschaften einsetzen, profitieren sowohl die Produzenten als auch die Verbraucher durch sinkenden Preisdruck.

Eine Reduktion der Lebensmittelinflation um 25 % kann mit diesen Reformen problemlos erreicht werden. Dies würde eine Senkung der Gesamtinflation um etwa 5,4 Prozentpunkte bedeuten. Durch indirekte Effekte in den Bereichen Verkehr, Dienstleistungen und Unterkunft könnte dieser Rückgang sogar auf 7,7 % steigen.

In einem solchen Umfeld könnte die Zentralbank den Leitzins um 5 bis 6 Punkte senken. Ein Plan, der die Produktion steigert und den ländlichen Raum stärkt, schafft gleichzeitig auch einen geldpolitischen Spielraum, der die städtische Bevölkerung entlastet.

Einer der wichtigsten Reformvorschläge an diesem Punkt ist das Timing der Subventionen.
In der Türkei erhalten Landwirte ihre Fördermittel meist nach der Ernte, nachdem sie ihre Schulden beglichen haben oder wenn die Anbausaison bereits vorbei ist. Dabei ist Unterstützung nur dann sinnvoll, wenn sie zu Beginn der Produktion gewährt wird. Anreize für grundlegende Betriebsmittel wie Diesel, Dünger, Futtermittel und Saatgut sollten vor Saisonbeginn auf die Konten der Landwirte überwiesen und über digitale Systeme automatisch berechnet werden. So beginnt der Landwirt die Produktion nicht mit Schulden, sondern mit Vertrauen.

Ein weiterer entscheidender Schritt ist eine umfassende landwirtschaftliche Volkszählung – etwas, das die Türkei bisher noch nicht umgesetzt hat. Wie viele Produzenten gibt es? Welche Produkte werden in welchen Regionen mit welchem Ertrag angebaut? Wie viel unserer landwirtschaftlichen Fläche wird effektiv genutzt? Auf diese Fragen gibt es derzeit keine verlässlichen, datengestützten Antworten. Das erschwert die gezielte Förderung, die Planung und das Krisenmanagement.

Der erste notwendige Schritt ist die Einführung einer digitalen Förderkarte und die systematische Erfassung der Produktionsprofile aller Landwirte. Dieses System ist nicht nur für die Vergabe von Subventionen notwendig, sondern auch, um Analysen zur landwirtschaftlichen Produktivität durchzuführen, Schadensfeststellungen nach Naturkatastrophen zu ermöglichen und die Produktionsplanung auf eine wissenschaftliche Grundlage zu stellen.

Auch die landwirtschaftliche Produktionsplanung sollte nicht ausschließlich über Subventionen erfolgen, sondern über wissenschaftliche Analysen, die festlegen, welches Produkt in welcher Region und in welcher Menge produziert werden sollte. Bodenstruktur, Wasserverfügbarkeit, Klimadaten und Marktzugang müssen gemeinsam betrachtet werden. Auf Basis dieser Analysen sollten für die Regionen geeignete Anbaumuster entwickelt werden. Produzenten, die im Einklang mit diesem Plan arbeiten, sollten nicht nur gefördert, sondern auch durch Abnahmegarantien zusätzlich motiviert werden. Andernfalls führen Überproduktion oder Engpässe weiterhin zu jahrelanger Preisinstabilität.

Ein weiterer Hauptfaktor der Inflation in der Türkei ist der unkontrollierte Anstieg der Preise für landwirtschaftliche Betriebsmittel. Die importabhängige Struktur bei Düngemitteln, Diesel, Futtermitteln und Saatgut macht die Produzenten direkt anfällig für globale Preisschwankungen. Deshalb müssen die lokale Saatgutproduktion gesteigert, Düngemittel- und Futtermittelfabriken mit Unterstützung regionaler Entwicklungsagenturen aufgebaut und diese Betriebsmittel zu festen Preisen für Landwirte zugänglich gemacht werden.

Solche Betriebsmittelsubventionen mögen kurzfristig wie eine Belastung für den Staatshaushalt erscheinen, doch ihre direkten und indirekten Auswirkungen auf die Inflation machen sie mittelfristig zu strukturellen Lösungen, die die öffentliche Finanzierung entlasten.

Ein weiteres langjähriges Problem der türkischen Landwirtschaft ist der schwache Stand der Genossenschaften. Heute sind viele Landwirte beim Verkauf ihrer Produkte auf Händler angewiesen. Sie können den Abnahmepreis nicht selbst bestimmen, nicht über die Preise der Betriebsmittel verhandeln und Kostensteigerungen nicht auf ihre Preise umlegen. Genossenschaften sind das effektivste Instrument, um die Kaufkraft dieser Produzenten zu bündeln und ihre Verhandlungsposition beim Verkauf zu stärken. Erfolgreiche Beispiele dafür gibt es in den Niederlanden und Neuseeland, deren Genossenschaften als vorbildlich gelten.

In der Türkei ist die bestehende Genossenschaftsstruktur leider schwach und viele Genossenschaften sind inaktiv. Der Grund dafür liegt in einem rechtlichen Rahmen, der aus einer Mischung französischer und britischer Gesetze stammt und nicht zur soziologischen Realität unserer Bevölkerung passt.

Die Stärkung der Genossenschaften, die Gründung regionaler Zusammenschlüsse, die Planung logistischer Infrastrukturen über diese Strukturen und die Förderung des Direktvertriebs an die Verbraucher sind entscheidende Schritte zur Gewährleistung der Preisstabilität.

Eine der unverzichtbaren Voraussetzungen zur Steigerung der Effizienz in der Landwirtschaft und zur Stabilisierung der Produktion ist die Verbreitung moderner Bewässerungsinfrastruktur.
In vielen Regionen der Türkei werden noch immer primitive Bewässerungsmethoden angewendet, was nicht nur zu einer Verschwendung von Wasserressourcen führt, sondern auch die Erträge verringert. Der Ausbau moderner Techniken wie Druckbewässerungssysteme, Tröpfchen- und Sprinklerbewässerung bedeutet nicht nur Wassereinsparung, sondern auch eine Ertragssteigerung pro Hektar sowie eine Maßnahme gegen das Risiko von Dürre.

Solche Investitionen erscheinen zunächst kostenintensiv, amortisieren sich jedoch langfristig durch höhere Erträge und niedrigere Produktionskosten.

Staatliche Unterstützung für landwirtschaftliche Bewässerungsprojekte ist erforderlich; den Landwirten sollten zinslose Kredite mit langfristigen Rückzahlungsfristen zur Verfügung gestellt werden.

Gleichzeitig sollten lokale Genossenschaften oder Produzentenverbände für den Betrieb und die Wartung dieser Systeme verantwortlich gemacht werden, um die Nachhaltigkeit der Infrastruktur zu gewährleisten.

In einem Land wie der Türkei, das unter Wasserstress leidet, sind diese Investitionen kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Andernfalls bleiben niedrige Erträge bestehen und die Auswirkungen des Klimawandels werden unkontrollierbar.

Der Klimawandel stellt eine zunehmende Bedrohung für die landwirtschaftliche Produktion dar.
Dürre, Überschwemmungen, Frost und extreme Hitze führen zu erheblichen Ertragsschwankungen und untergraben die Preisstabilität.

Daher müssen Agrarpolitiken auch Mechanismen zur Bewältigung von Klimarisiken integrieren. Frühwarnsysteme, die rechtzeitige Übermittlung meteorologischer Daten an die Landwirte, die Ausweitung landwirtschaftlicher Versicherungen und schnellere Entschädigungsmechanismen nach Katastrophen sind in diesem Zusammenhang von grundlegender Bedeutung.
Insbesondere das in vielen Bereichen unzureichende und ineffiziente Versicherungssystem TARSİM muss umfassender, schneller und zuverlässiger gestaltet werden.

Auch die digitale Transformation der Landwirtschaft ist ein Thema, das nicht vernachlässigt werden darf.
In vielen Ländern wird Landwirtschaft nicht nur mit Traktoren betrieben, sondern auch mit Sensoren, Satelliten, Drohnen und Datenplattformen. Digitale Feldpässe, Produkterfassungssysteme, Bodenfeuchtesensoren und Wetteralgorithmen machen landwirtschaftliche Entscheidungen wissenschaftlich fundierter.

Die Verbreitung dieser Technologien in der Türkei bietet große Chancen für Produktivitätssteigerung und Ressourceneinsparung. Der Staat sollte diese Technologien fördern und den Landwirten Schulungen sowie Ausrüstungsunterstützung bieten.
Besonders junge Landwirte sollten für diese Bereiche gewonnen werden, um den technologischen Wandel im ländlichen Raum voranzutreiben.

Heute liegt der Einsatz von Technologie in der türkischen Landwirtschaft bei nur 25 %, während die EU bereits die 60 %-Marke überschritten hat.

Die Digitalisierung der Landwirtschaft ermöglicht gleichzeitig eine evidenzbasierte Politikgestaltung. Für jeden Produzenten sollte eine digitale Produzentenkarte erstellt werden, auf der Informationen über Produktion, Verkauf, Unterstützung, Katastrophen und Erträge gespeichert werden. Dieses System verhindert Betrug und erleichtert gleichzeitig den Zugang zu Krediten für Produzenten.

Außerdem ermöglichen regionale, produktspezifische und zeitabhängige Analysen eine frühzeitige Erkennung künftiger Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage. Das minimiert Preisschwankungen auf dem Markt.
Am Ende wird die Ressourcenzuteilung durch den Staat gerechter, und die Produktionsplanung der Landwirte wird zielgerichteter.

Wenn all diese strukturellen Transformationsschritte zusammenkommen, wird die landwirtschaftliche Produktion stabiler, die Nahrungsmittelversorgung gesichert und die Preisentwicklung ausgeglichener.
Das hat direkte positive Auswirkungen auf die Inflation.

Allein bei einer Nahrungsmittelinflation von dramatischen 72 % würde eine Verbesserung um 25 % bereits einen Rückgang der Gesamtinflation um etwa 5,4 Prozentpunkte bedeuten.
Wird auch die Verbesserung der mit Lebensmitteln verbundenen Preise im Dienstleistungs- und Verkehrssektor berücksichtigt, kann dieser Rückgang – wie bereits erwähnt – bis zu 7,7 % erreichen, was der Zentralbank eine Senkung des Leitzinses um 500 bis 600 Basispunkte ermöglichen würde.

Dies wiederum würde für die gesamte Wirtschaft sinkende Kreditkosten, eine Belebung der Investitionen und eine Verringerung der Schuldenlast bedeuten.
Noch wichtiger aber wäre der Rückgang der Zinslast im Staatshaushalt.

Für das Jahr 2024 waren in der Türkei Zinsausgaben in Höhe von 1,95 Billionen TL vorgesehen. Ein Rückgang des Leitzinses um 5,8 Punkte hätte die Zinslast des vergangenen Jahres um rund 113 Milliarden TL verringern können.

An diesem Punkt stellt sich eine kritische Frage:
Liegt der zusätzliche Aufwand für erhöhte Agrarsubventionen unter oder über diesem potenziellen Zinsersparnis?

Berechnungen zeigen, dass das für das Jahr 2025 vorgesehene Förderbudget von 135 Milliarden TL lediglich 0,91 % des zentralen Haushalts ausmacht.
Würde dieser Anteil auf 3 % erhöht, wäre ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf von etwa 442 Milliarden TL erforderlich. Ein erheblicher Teil dieses Bedarfs ließe sich jedoch mühelos durch Einsparungen bei den staatlichen Zinsausgaben decken.

Darüber hinaus würde diese Investition durch die Stabilisierung der Verbraucherpreise, den Rückgang des Importbedarfs, steigende Exporte und positive Auswirkungen auf die Beschäftigung weitgehend selbstfinanzierend wirken.

Ein weiterer nicht zu vergessender Aspekt ist der Einfluss der Landwirtschaft nicht nur auf die Preisstabilität, sondern auch auf den Wechselkurs. Die Türkei ist bei vielen grundlegenden Agrarprodukten immer noch Nettoimporteur. Das vergrößert nicht nur das Leistungsbilanzdefizit, sondern erhöht auch die Nachfrage nach Devisen und übt Druck auf die türkische Lira aus.
Eine Steigerung der heimischen Produktion hingegen würde den Importbedarf senken und zu Deviseneinsparungen führen. Diese Entlastung beim Wechselkurs würde wiederum die Inflation senken, den Bedarf an Zinserhöhungen verringern und die belastenden Wechselkursausgleichszahlungen im Haushalt reduzieren.

Die Landwirtschaft ist ein vielschichtiger Sektor, der nicht nur mit ökonomischen Begriffen wie Produktion, Preis, Inflation oder Haushalt beschrieben werden kann.
Sie ist zugleich Lebensweise von Millionen Menschen im ländlichen Raum, ein Garant für die Erhaltung der demografischen Struktur und ein wichtiges Pufferinstrument gegen Migrationsdruck.

Strukturelle Reformen in der Landwirtschaft tragen daher nicht nur zur makroökonomischen Stabilität bei, sondern stärken auch die ländliche Entwicklung, das gesellschaftliche Wohlergehen und das regionale Gleichgewicht. Die Landwirtschaft ist ebenso sehr ein wirtschaftlicher wie ein sozial stabilisierender Bereich.

Einer der Hauptgründe für die Landflucht in die Städte ist, dass die Landwirtschaft keine nachhaltige und planbare Einkommensquelle mehr darstellt.
Ungeplante Produktion, schwankende Preise, unzureichende Unterstützung und hohe Kosten führen dazu, dass junge Menschen sich von der Landwirtschaft abwenden.

Wenn jedoch die oben genannten Reformen umgesetzt werden, wird die Produktion attraktiver. Ein technologisch unterstütztes, wertschöpfendes und stabiles landwirtschaftliches System kann junge Menschen wieder im ländlichen Raum halten.
Spezielle Förderprogramme für junge Landwirte, erleichterter Zugang zu Land, Unterstützung bei der landwirtschaftlichen Ausbildung und genossenschaftsbasierte Unternehmensmodelle könnten als Hebel dieser Transformation dienen.

Die Digitalisierung der Landwirtschaft eröffnet zudem neue Chancen für die Integration junger Menschen in den Sektor.
Produktverfolgung über mobile Apps, sensorgestützte Bewässerungssysteme, Direktvertrieb über E-Commerce und Markenbildung über soziale Medien können das Interesse junger Landwirte erheblich steigern.

In diesem Sinne sollte eine Vision entwickelt werden, die landwirtschaftliche Produktion nicht nur mit traditionellen Methoden, sondern auch mit innovativen Lösungen verbindet.
Universitätsabsolventen sollten nicht nur in der Stadt als Angestellte arbeiten, sondern auch als technologieorientierte Produzenten im ländlichen Raum ihren Platz finden können.

Ländliche Entwicklung reduziert gleichzeitig regionale Ungleichheiten.
Die wirtschaftliche Aktivität konzentriert sich in der Türkei zunehmend auf die Umgebung großer Städte, während die zentralen Regionen Anatoliens stagnieren.
Eine Stärkung der landwirtschaftlichen Produktion würde nicht nur den ländlichen Raum selbst beleben, sondern auch mit ihm verbundene Sektoren wie Kleingewerbe, Logistik, Verpackung, Lagerung und Verarbeitung anregen.

Das verringert regionale Einkommensunterschiede, belebt lokale Wirtschaftskreisläufe und gleicht die Nachfrage nach öffentlichen Dienstleistungen aus.
In gewisser Weise ist die Landwirtschaft nicht nur ein wirtschaftlicher, sondern auch ein Schlüssel zur räumlichen Gerechtigkeit.

In Bezug auf die Beschäftigung gehört der Agrarsektor nach wie vor zu den größten Wirtschaftszweigen der Türkei.
Jede neue Investition in der Landwirtschaft schafft direkt oder indirekt Arbeitsplätze für Hunderttausende. Alle Glieder der Kette – von der Beschaffung der Betriebsmittel über die Produktion, Ernte, Verarbeitung, Verpackung bis hin zur Verteilung – erzeugen Arbeitskräftenachfrage.
Auch in Bezug auf die Beschäftigung von Frauen birgt die Landwirtschaft ein besonderes Potenzial. In diesem traditionell von Frauen stark vertretenen Sektor kann durch Genossenschaften und soziale Unternehmensmodelle sowohl die wirtschaftliche als auch die gesellschaftliche Teilhabe gesteigert werden. Aus diesem Grund sollten Agrarpolitiken auch mit Gleichstellungspolitiken verknüpft werden.

Neben den sozioökonomischen Auswirkungen ist die Bedeutung der Landwirtschaft auch im Begriff der Ernährungssicherheit verborgen.
Die nach der Pandemie weltweit zunehmende Ernährungssouveränität hat dazu geführt, dass viele Länder ihre eigene Produktionskapazität stärken wollen. Auch die Türkei muss diesem globalen Trend folgen und insbesondere bei strategischen Produkten Selbstversorgung erreichen.
Dies ist nicht nur eine wirtschaftliche Frage, sondern eine Notwendigkeit nationaler Souveränität. Der Anteil heimischer Produktion in allen kritischen Bereichen – von Saatgut über Setzlinge, Futtermittel bis hin zu Düngemitteln – muss erhöht und entsprechende F&E-Investitionen gelenkt werden.

Ein weiterer eng mit der Landwirtschaft verbundener Bereich sind Umweltpolitiken.
Übernutzung natürlicher Ressourcen, unkontrollierter Pestizideinsatz, falsche Bodenbearbeitung und die Umwandlung von Waldflächen in Agrarland führen langfristig zu Ertragsverlusten und Umweltzerstörung.

Daher sollten nachhaltige Landwirtschaftspraktiken gefördert werden; biologischer Anbau, gute landwirtschaftliche Praktiken und agroökologische Methoden verdienen Unterstützung. Landwirtschaft darf nicht nur unter dem Aspekt der Produktion bewertet werden, sondern auch im Einklang mit der Natur erfolgen – denn ohne Schutz von Boden, Wasser und Luft kann keine Ernährungssicherheit gewährleistet werden.

Wenn all diese Reformen umgesetzt werden, kann die Türkei nicht nur Preisstabilität und Versorgungssicherheit im Inland gewährleisten, sondern sich auch zu einem regionalen Agrarzentrum entwickeln.
Die Exportpotenziale in der Landwirtschaft sind hoch, und mit den richtigen Förderungen für die richtigen Produkte lassen sie sich kurzfristig realisieren.
Produktbasierte Markenbildung, geografische Herkunftsbezeichnungen, Investitionen in Verpackung und Lagerung können die Wettbewerbsfähigkeit der Türkei auf den Weltmärkten stärken. Das würde zur Handelsbilanz beitragen, Deviseneinnahmen bringen, das Leistungsbilanzdefizit verringern und das Vertrauen in die Wirtschaft stärken.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Landwirtschaft ein zu zentraler, zu strategischer und zu wirkungsvoller Sektor ist, um ignoriert oder vernachlässigt zu werden.
Auch wenn sie bislang aufgeschoben, mit kurzfristigen Maßnahmen abgehandelt und lediglich als soziales Feld betrachtet wurde, muss sie nun ins Zentrum von wirtschaftlicher Stabilität, Inflationsbekämpfung, Haushaltsdisziplin und gesellschaftlichem Wohlstand rücken.
Die oben aufgeführten Reformen bieten einen realistischen, umsetzbaren und nachhaltigen Rahmen für diesen Wandel.

Letztlich ist jede Investition in die Landwirtschaft auch eine Investition in die gesamte Wirtschaft.
Wer Zinsausgaben einsparen, die Inflation dauerhaft senken, Preisstabilität sichern, Haushaltsdisziplin wahren und den Wohlstand verbreiten will, muss beim Feld anfangen.
Denn Inflation beginnt nicht im Supermarkt, sondern auf dem Acker – und nur dort kann sie auch gestoppt werden.

Wenn wir diese Schritte heute nicht gehen, wird es morgen unmöglich sein, die Inflation mit Zinssätzen, Wechselkursen oder Steuern zu kontrollieren.
Wenn wir jedoch jetzt die richtigen Weichen stellen, können wir nicht nur die Landwirte, sondern auch die Verbraucher in den Städten, die Industrie, Investoren und den Staatshaushalt entlasten – und gemeinsam ein Bild der Türkei schaffen, in dem nicht über Inflation, sondern über Produktion gesprochen wird…

R. Levent Işık

R. Levent Işık wurde 1988 in Istanbul geboren.
Nach dem Abschluss seines Studiums in Öffentlicher Verwaltung und Politikwissenschaft an der Fakultät für Wirtschaft und Verwaltungswissenschaften der Gazi Universität im Jahr 2011 setzte er seine Studien im Bereich Wirtschaft und Verwaltung an der Celal Bayar Universität in Manisa fort und schloss sein Masterstudium ab.
Von 2011 bis 2021 arbeitete er als Bankprüfer und setzt seine Karriere seit 2021 als Filialleiter fort.
Er veröffentlicht Wirtschaft- und Geschichtsartikel in nationalen Zeitungen wie „Diriliş Postası“ und „Milat“ sowie in der Zeitschrift „Z Raporu“.
E-Mail: [email protected]

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