Warum hat die USA das Pentagon in Kriegsministerium umbenannt?

Warum US-Präsident Donald Trump das Verteidigungsministerium in Kriegsministerium umbenannt hat, ist keineswegs eine bloße bürokratische Formalität – es ist ein politischer Schachzug, der im In- und Ausland große Resonanz ausgelöst hat. Dieser Schritt zeigt, dass Washington bereit ist, sich ohne Maske zu präsentieren und offen zu erklären, dass es nicht um Verteidigung, sondern um Angriff geht. Die Abkehr vom diplomatischen Deckmantel des Begriffs „Verteidigung“ bedeutet zugleich eine Abkehr von der Rhetorik, die seit dem Zweiten Weltkrieg gepflegt wurde. Denn historisch betrachtet befand sich die USA tatsächlich nur zweimal in einer echten Verteidigungsposition: 1941 beim Angriff der Japaner auf Pearl Harbor und am 11. September 2001. Ansonsten war sie fast immer im Angriffsmodus – von Korea über Vietnam bis hin zu Irak und Afghanistan.

Die Geschichte zeigt auch, dass die erste von George Washington 1789 geschaffene Institution bereits Kriegsministerium hieß. Dieses Ministerium war nur für die Heereskräfte zuständig; Marine und Marineinfanterie unterstanden einem eigenen Ministerium, die Luftstreitkräfte waren lediglich ein kleiner Teil der Landstreitkräfte. Dieser Zustand hielt etwa eineinhalb Jahrhunderte an. Doch während des Zweiten Weltkriegs führte die mangelnde Koordination zwischen den Teilstreitkräften zu Problemen. 1942 wurde der Vereinigte Generalstab geschaffen, allerdings ohne echte Entscheidungsbefugnisse. 1945 forderte Präsident Truman vor dem Kongress eine einheitliche militärische Struktur. 1947 wurde das Nationale Sicherheitsgesetz verabschiedet; es schuf den Nationalen Sicherheitsrat, die CIA und eine neue Militärstruktur. 1949 erhielt diese Struktur den Namen Verteidigungsministerium – Ausdruck des amerikanischen Wunsches, sich im Kontext des Kalten Krieges als Beschützer der „freien Welt“ darzustellen. Auch Länder wie Großbritannien, Frankreich oder Ägypten ersetzten damals den Begriff „Krieg“ durch „Verteidigung“.

Heute ist die Rückkehr zu dieser alten Bezeichnung kein nostalgischer Reflex, sondern eine klare politische Botschaft. Trump ist der Meinung, der Begriff „Verteidigung“ spiegele die wahre Rolle der USA nicht wider. Der neue Kriegsminister Pete Hegseth erklärte offen, man habe den Namen gewählt, um den „Kriegsgeist im Pentagon“ zu stärken. Einer seiner Stellvertreter schrieb auf Twitter: „Die USA haben sich seit dem Zweiten Weltkrieg nie verteidigt, sie waren immer im Angriff. Wir stellen nur den ursprünglichen Zustand wieder her.“

Im Inland bedeutet diese Entscheidung eine noch stärkere Militarisierung der Politik. Der Militärhaushalt wurde von 850 Milliarden auf über eine Billion Dollar angehoben. Hegseths erste Amtshandlung war es, den Generalstabschef abzusetzen. Trump setzte die Nationalgarde in Washington ein und drohte, sie auch in Chicago und Los Angeles einzusetzen – ein klares Signal, dass das Militär zu einem direkten Instrument der inneren Sicherheit geworden ist. Nach Hegseths Auffassung hat die „amerikanische Linke“ das Verteidigungsministerium in den letzten Jahren umgeformt; nun gehe es darum, es „zu säubern“ und neu aufzubauen.

Im Ausland ist die Linie noch härter. Die USA führten einen 53-tägigen Krieg gegen den Jemen, griffen drei iranische Nuklearanlagen an, entsandten drei Zerstörer, eine amphibische Gruppe und ein Atom-U-Boot vor die Küste Venezuelas. Um China unter Druck zu setzen, verstärkten sie ihre militärische Präsenz im Südchinesischen Meer und um Taiwan. Im Ukraine-Krieg sind sie direkt und indirekt aktiv. Sogar ein mutmaßliches Drogenschiff wurde von der US-Marine versenkt – eine Aufgabe, die normalerweise Küstenwache und Justiz übernehmen.

Auch Pete Hegseths Biografie ist bemerkenswert. Er diente zwanzig Jahre lang in niedrigen Offiziersrängen, wurde jedoch wegen „religiöser Radikalität“ entlassen. In seinem 2024 erschienenen Buch schrieb er: „Ich hasse das Militär, und das Militär hasst mich.“ Er kämpfte in Afghanistan und im Irak, behauptet aber, das Militär habe ihn ausgegrenzt. Seiner Ansicht nach führte die Fokussierung auf Auslandseinsätze dazu, dass die Linke im Inland das Verteidigungsministerium unter ihre Kontrolle brachte. Der eigentliche Kampf finde nicht mehr in Afghanistan oder im Irak statt, sondern direkt in den USA selbst.

Die Vereinigten Staaten nutzten Kriege jahrzehntelang, um ihre Armee kampferprobt zu halten. Reale Gefechte schulten die Soldaten und steigerten ihre Schlagkraft. Doch meist wählte man schwache Gegner. Operationen gegen mit alten Sowjetwaffen ausgerüstete Armeen – wie im Irak – waren fast schon Übungsmanöver. Heute jedoch verändert Chinas Aufstieg das Kräftegleichgewicht. Der Krieg zwischen Indien und Pakistan hat gezeigt, dass chinesische Waffen effektiv sind. Selbst die Huthi im Jemen konnten US-Flugzeugträger bedrohen. Diese Entwicklungen treiben Washington zu Investitionen in neue Kampfflugzeuge, Kampfpanzer, Satellitentechnologie und die Integration von Künstlicher Intelligenz.

Während des Ukraine-Krieges wurde deutlich, wie schwach die amerikanischen Produktionskapazitäten für Munition sind. Artilleriegeschosse und Javelin-Raketen waren schnell verbraucht, die Produktionslinien konnten den Bedarf nicht decken. Es zeigte sich, dass die USA in einem großflächigen Konflikt Schwierigkeiten hätten, mehrere Fronten gleichzeitig zu versorgen.

Ein weiterer entscheidender Faktor ist die „Abschreckungsglaubwürdigkeit“. Die USA haben durch Hollywood jahrzehntelang das Bild ihrer militärischen Heldentaten gepflegt – selbst der Abschuss eines Black-Hawk-Hubschraubers in Somalia wurde zu einer Heldengeschichte verklärt. Doch dieses Image erodiert. Die Rückschläge in der Ukraine, die Schwierigkeiten mit den Huthi, die Herausforderungen durch China und Russland untergraben diese Abschreckung. Beim letzten Gipfel in Shanghai traten der chinesische Präsident, Putin und der nordkoreanische Führer Seite an Seite auf – ein deutliches Zeichen, dass die von den USA „isolierten“ Führer längst nicht isoliert sind.

Die Veränderung in der amerikanischen Rhetorik beunruhigt auch die Verbündeten. Europa vertraut Washington immer weniger. Kanada und Mexiko suchen nach Alternativen. Der Druck auf Venezuela nimmt zu. Selbst Indien, genervt von Trumps herablassenden Äußerungen, rückte näher an China heran und schloss neue Wirtschaftsabkommen. Immer wenn die USA ihre diplomatischen Dossiers nicht unter Kontrolle bekommen, zeigen sie ihre militärischen Zähne – doch dieser Ansatz schafft keine Stabilität, sondern produziert noch mehr Chaos.

Im Nahen Osten macht die Bezeichnung „Kriegsministerium“ deutlich, dass die USA kein neutraler Vermittler, sondern eine direkte Konfliktpartei sind. Iran und seine Verbündeten nutzen diese Sprache für ihre eigene Propaganda. Israel wiederum fühlt sich ermutigt und intensiviert seine militärischen Operationen. Die Gaza-Frage hat einen tiefen Riss zwischen den USA und Europa aufgerissen. Obwohl Trump ursprünglich Abstand von der Region halten wollte, ließ er sich durch den Druck Israels immer stärker hineinziehen.

Fazit: Die Umbenennung des Verteidigungsministeriums in Kriegsministerium ist nicht bloß eine verwaltungstechnische Maßnahme, sondern Symbol eines tiefgreifenden Mentalitätswandels in der amerikanischen Politik und Militärdoktrin. Washington will sich nicht länger hinter dem Deckmantel der Verteidigung verstecken, sondern definiert sich offen als Kriegsmacht. Das wachsende Budget, der Einsatz militärischer Gewalt im Inland, aggressive Interventionen im Ausland und Investitionen in neue strategische Waffensysteme spiegeln diese Denkweise wider. Doch die entscheidende Frage lautet: Kann ein von tiefen inneren Spaltungen erschüttertes und das Vertrauen seiner Verbündeten verlierendes Amerika diese neue Vision durchsetzen – oder steuert die Welt auf eine noch größere Instabilität zu?