Warum der chinesische Yuan den US-Dollar nicht ersetzen kann
Es wird Jahre dauern, bis der Yuan die tief verwurzelte Dominanz des Dollars bei globalen Transaktionen ablösen kann.
Nach der Einigung zwischen Washington und Peking im Handelsbereich sind Währungsbedenken erneut in den Fokus gerückt. Die Sorge (oder je nach Medium auch Hoffnung) besteht darin, dass der chinesische Yuan als globale Leitwährung den US-Dollar verdrängen könnte. Peking ist durchaus daran interessiert, den Yuan für Banker und Devisenhändler zu einem bevorzugten Tauschmittel zu machen.
Die chinesische Politik bemüht sich seit Jahren darum, den internationalen Ruf des Yuan zu stärken. Doch der Weg, auf dem der Yuan den Dollar ablösen könnte, ist noch lang, und es ist fraglich, ob die Kontrollbesessenheit der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) die nötigen Veränderungen überhaupt zulassen wird.
Natürlich ist es unbestreitbar, dass die USA und der Dollar einst eine überwältigende Dominanz besaßen, die sie inzwischen verloren haben. Dies ist ein Thema, das alle Länder der Welt berücksichtigen. In dieser Angelegenheit sind jedoch relative Unterschiede wichtiger als absolute Überlegenheit. Obwohl der Dollar an seiner früheren Stärke eingebüßt hat, bleibt er die einzige Währung, die alle Eigenschaften einer globalen Reservewährung besitzt. Dies wird besonders deutlich im Vergleich zum chinesischen Yuan.
Peking hat viel unternommen, um den internationalen Ruf des Yuan zu steigern – Bemühungen, die auch mediale Aufmerksamkeit erregt haben. So versuchte Peking ein System aufzubauen, das manche als „chinesisch-zentriertes System“ bezeichnen. China verlangt in großen Teilen der weitreichenden Belt and Road Initiative (BRI) Yuan-basierte Handels- und Kapitalflüsse. Es gründete die Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB), die Yuan-basierte Kredite und Transfers ermöglicht. Peking drängte den Internationalen Währungsfonds (IWF) erfolgreich dazu, den Yuan als Teil der Sonderziehungsrechte (SZR) aufzunehmen. Die chinesische Zentralbank (PBOC) förderte diese Bemühungen mit der Einführung des digitalen Yuan.
Doch all diese Anstrengungen haben kaum Fortschritte dabei gemacht, den Gebrauch des Dollars bei internationalen Transaktionen zu verringern. Rund 80 % des weltweiten Handels werden in Dollar abgewickelt – auch dann, wenn Amerikaner nicht beteiligt sind. Bei etwa 90 % aller Devisengeschäfte ist eine Partei in Dollar denominiert. Im Gegensatz dazu ist der Yuan nur bei etwa 4 % der Transaktionen beteiligt, während der Euro etwa einen Anteil von 30 % hält. Zum Beispiel wird das ägyptische Pfund meist über den Dollar in Yuan getauscht; ähnliche Verhältnisse gelten für andere Währungen.
Diese tief verwurzelten Verbindungen haben sich über Jahre entwickelt und ihre Auflösung zugunsten des Yuan wird ebenso lange dauern. Darüber hinaus hat der Yuan bei dem Versuch, den Dollar zu verdrängen, zwei weitere Nachteile: Die chinesischen Finanzmärkte verfügen weder über die nötige Liquidität noch über die von Finanzakteuren als „Markttiefe“ bezeichnete Größe, die für eine globale Reservewährung erforderlich sind.
Liquidität ist von entscheidender Bedeutung. Importeur:innen, Exporteur:innen und deren finanzielle Unterstützer verlangen, dass die globale Leitwährung rund um die Uhr, sieben Tage die Woche gehandelt werden kann. Geschäftsabläufe erfordern diese Art von Flexibilität und Bequemlichkeit. Der Dollar bietet das, der Yuan nicht. Ebenso wichtig ist die Größe der dollarbasierten Finanzmärkte. Das enorme Volumen der im Umlauf befindlichen Dollarvermögen und die stetig hohen Handelsvolumina ermöglichen es, dass große Summen sowohl bei Währungen als auch bei Finanzanlagen mit minimaler Auswirkung auf deren Preise bewegt werden können. Dollarbasierte Märkte leisten dies, yuanbasierte Märkte hingegen nicht.
Da der globale Handel und die Finanzwelt verlangen, dass Menschen Reserven in der Leitwährung halten, suchen sie auch verschiedene Finanzinstrumente: manche kurzfristig, andere langfristig, wieder andere mit Derivaten zum Schutz vor Volatilität. Dollarbasierte Märkte bieten eine große Vielfalt, die yuanbasierte Märkte nicht konkurrenzfähig bieten können.
Yuanbasierte Märkte könnten im Laufe der Zeit eine solche Liquidität und Markttiefe entwickeln, doch ein großes Hindernis bleibt bestehen: Um dies zu erreichen, müssten die chinesischen Behörden – also die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) – ihre Kontrollfixierung aufgeben. Die Chinesische Zentralbank (PBOC) müsste darauf verzichten, den Wechselkurs des Yuan innerhalb einer engen Bandbreite zu halten, und stattdessen freien Schwankungen auf den globalen Märkten erlauben.
Damit die Bevölkerung Vermögenswerte und Währungen mit minimalen Preisschwankungen leicht kaufen und verkaufen kann, müsste Peking sowohl seine strikte Kontrolle über Kapital- und Investitionsflüsse in das und aus dem Land aufgeben als auch seine restriktiven Regeln für Finanzinstitutionen lockern, die in China tätig sein dürfen.
Diese notwendigen Veränderungen widersprechen nicht nur den aktuellen Praktiken Chinas, sondern auch dem Herrschaftsverständnis der Kommunistischen Partei. Solche Änderungen sind zwar nicht unmöglich, erscheinen aber sehr unwahrscheinlich. Die Dominanz des Dollars wird zwar im Laufe der Zeit Herausforderungen erfahren, doch der Yuan stellt bislang keine ernsthafte Bedrohung dar und wird dies offenbar auch in Zukunft nicht tun.
*Milton Ezrati ist einer der beitragenden Redakteure des Magazins The National Interest, gehört dem Human Capital Research Center der University at Buffalo (SUNY) an und ist Chefökonom bei der in New York ansässigen Kommunikationsfirma Vested. Zu seinen neuesten Büchern zählen Thirty Tomorrows: The Next Three Decades of Globalization, Demographics, and How We Will Live (Dreißig Morgen: Die nächsten drei Jahrzehnte der Globalisierung, Demografie und wie wir leben werden) sowie Bite-Sized Investing (Kleine Investitionen).
Quelle: https://nationalinterest.org/feature/why-chinas-yuan-cant-replace-the-u-s-dollar