Trump und die großen Technologieunternehmen: Die Souveränität Europas in Gefahr

Die EU hat nach wie vor ehrgeizige Regelungen für große digitale Plattformen. Im Gegensatz dazu lehnt die US-amerikanische Regierung unter Donald Trump und seinen Verbündeten digitale Vorschriften offen ab. Sei es durch die Erhebung von Zöllen auf EU-Waren oder den Rückzug aus Sicherheitsgarantien – Trump und mächtige Technologie-CEOs wie Musk und Zuckerberg wollen Europa in die Knie zwingen.

Donald Trump hatte die Welt bereits vor seiner zweiten Amtszeit ins Chaos gestürzt und tiefgreifende politische Veränderungen eingeleitet. Obwohl seine außen- und sicherheitspolitischen Schritte größtenteils auf pompöse Erklärungen und Drohungen beschränkt blieben, hatte das neue Machtgefüge direkten Einfluss auf die Regulierung großer Technologieunternehmen.

Dies war größtenteils mit Trumps mächtigem Verbündeten Elon Musk verbunden. Der reichste Mensch der Welt, Musk, ist CEO von Tesla und SpaceX und zugleich der Eigentümer der weitgehend kontroversen und dennoch einflussreichen Kurznachrichtenplattform X. Der Technologie-Milliardär und Berater der US-Regierung im Bereich Effizienz nutzt seine Macht und Reichweite, um offen rechtsextreme Kräfte in westlichen Demokratien zu unterstützen. Gleichzeitig delegitimiert er rechtsstaatliche Institutionen und verbreitet nachlässig Verschwörungserzählungen, die so gefährlich wie die des Kremls sind.

Die Tür für Desinformation und Propaganda öffnen

Vor Trumps Wahlsieg hätte der Mangel an geeigneten Vorschriften für die X-Plattform in den USA bestraft werden können. Doch nun kann Musk tief durchatmen und der freien Entfaltung von Desinformation und Propaganda freien Lauf lassen: Auf seinen Vorschlag hin ernannte Trump Brendan Carr zum Vorsitzenden der Federal Communications Commission (FCC). Obwohl die FCC für die Erstellung und Durchsetzung von Kommunikationsvorschriften in den USA zuständig ist, ist Regulierung ein fremdes Konzept für Carr.

Musk hat zudem die Unterstützung von Trumps Vizepräsidenten JD Vance gewonnen. Vance drohte sogar damit, dass die USA die Hilfe für die Ukraine neu überdenken würden, falls die EU Regelungen gegen die X-Plattform durchsetzen sollte. Der Technologie-Milliardär Musk hat auch mehr als eine Viertelmilliarde Dollar an Trumps Wahlkampagne gespendet, ihn öffentlich unterstützt und bei Wahlkampfveranstaltungen mitgewirkt. Daher ist es ziemlich offensichtlich, dass Trump in Musks Tasche ist.

Bezos und Zuckerberg folgen diesem Kurs

Wie erwartet, blieben auch andere Technologie-CEOs nicht unberührt von dieser Entwicklung. Beispielsweise zog der Amazon-Gründer und hochprofilierte Eigentümer der US-Zeitung The Washington Post, Jeff Bezos, während des Wahlkampfs seine geplante Wahlkampfunterstützung für die Demokratin Kamala Harris zurück.

Trumps und Musks extrem libertäre Haltung wurde nun auch von Meta-CEO Mark Zuckerberg in einer Art vorausschauender Gehorsamkeit übernommen. In einer Videobotschaft, die er am 8. Januar 2025 veröffentlichte, kündigte Zuckerberg an, die Zusammenarbeit mit Faktenprüfern in den USA sofort zu beenden – und das in einem selbstzufriedenen Ton. Er nutzte diese Gelegenheit auch, um Europa scharf zu kritisieren, indem er behauptete, dass die Zahl der Gesetze, die Zensur auf der anderen Seite des Atlantiks institutionalisieren, zunehmend steigt. Trotz des sofortigen Widerstands von Henna Virkkunen, der stellvertretenden Präsidentin der EU-Kommission, fanden Zuckerbergs Worte weiterhin Gehör.

Der Zeitpunkt dieses Kommentars war kein Zufall. Mit dem Digital Markets Act und dem Digital Services Act hat Europa neue Regelungen eingeführt, die darauf abzielen, die Macht großer Online-Plattformen, einschließlich sozialer Netzwerke, zu beschränken. Die Umsetzung dieser Regelungen verläuft jedoch schleppend. Schon jetzt gibt es Stimmen, die die Notwendigkeit betonen, die eingeleiteten Verfahren zu überprüfen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.

Eine große Chance für Elon Musk und sein Unternehmen

Die globale politische Lage und der Machtwechsel in Washington, D.C., bieten eine große Chance für CEOs wie Zuckerberg und Musk. Diese Persönlichkeiten sind fest entschlossen, die strikte Durchsetzung der europäischen digitalen Regelungen zu verhindern und hoffen, dass die neue US-Regierung durch intensiven politischen Druck auf die EU dies ermöglichen wird. Die Tatsache, dass die EU derzeit von einer Kommission geführt wird, die noch nicht vollständig etabliert ist, und dass die politischen Turbulenzen in Berlin und Paris die Fähigkeit der EU, in den Parlamenten und im Rat handlungsfähig zu bleiben, gefährden, ermutigt Trump, Musk und andere.

Diese Situation bietet eine einzigartige Gelegenheit für das unheilige Bündnis zwischen Trumps MAGA-Regierung und den Technologie-CEOs unter der Führung von Musk, Europa in die Knie zu zwingen. Während die EU rechtliche Schritte gegen Meta, Google und Apple wegen Verstößen gegen den Digital Markets Act einleitet, wächst in den USA die Forderung nach einem Handelskrieg mit Zöllen auf europäische Produkte. Die neue Europäische Kommission unter Ursula von der Leyen und die Staats- und Regierungschefs Europas müssen sich jetzt der Tatsache bewusst sein, dass die Souveränität Europas in Gefahr ist. Wenn es keine entschlossene Antwort aus der EU gibt, werden die Angriffe aus den USA weiterhin fortgesetzt.

Panik in den USA

Der zugrunde liegende Antrieb hinter dem Verhalten der US-Seite ist ein Gefühl der Panik. Es ist jetzt eindeutig, dass die EU-Staaten in ihren eigenen größten Märkten ernsthaft entschlossen sind, ihre eigenen Regeln durchzusetzen. Außerdem, im Gegensatz zu den USA, hat die EU ihre regulatorischen Behörden nicht geschwächt. Im Gegenteil, sie hat sie mit „Schwertern“ ausgestattet. Dies dient dem Interesse der Union: Um im eigenen Markt fairen Wettbewerb und starke Rechte für die Nutzer digitaler Dienste zu gewährleisten, und um sicherzustellen, dass die in den europäischen Parlamenten verabschiedeten Gesetze tatsächlich durchgesetzt werden können.

In der kommenden Zeit wird die Frage der Souveränität Europas davon abhängen, ob die EU und ihre Mitgliedstaaten – insbesondere die deutsche Bundesregierung – den gemeinsam vereinbarten Regelungen treu bleiben und die regulatorischen Behörden der EU unterstützen. Selbst gegenüber den weltweit größten und wertvollsten Unternehmen und den ernsten Bedrohungen von Trump für die europäischen Politiken ist Entschlossenheit erforderlich. Die wirtschaftlichen Erwartungen der Unternehmen in Europa – einschließlich derjenigen, die auf dem zunehmend wettbewerbsintensiven Medienmarkt tätig sind – sowie die Freiheit und Souveränität der europäischen Völker hängen von diesen Entscheidungen ab.

Quelle: https://www.boell.de/en/2025/01/24/trump-and-big-tech-europes-sovereignty-stake