Der größte Fang im chinesischen Schuldenfallen-Netz

Schon allein die Herkunft des Begriffs zeigt eindeutig, dass es sich um eine unausgereifte, von einem törichten Geist ersonnene Diffamierung handelt. Die Behauptungen Chellaneys wurden inzwischen vollständig von Forschern der Johns Hopkins University, der Harvard University und des Chatham House widerlegt. Keines dieser Institute kann im Entferntesten als chinatreu bezeichnet werden.

So zeigen etwa Studien der in New York ansässigen Rhodium Group und der Johns Hopkins University keinen einzigen Fall, in dem China wegen eines Zahlungsausfalls strategische Vermögenswerte übernommen hätte – die zentrale Behauptung Chellaneys und anderer Verfechter der „Schuldenfalle“.

Untersuchungen des in London ansässigen Chatham House – einer traditionsgemäß ausgesprochen chinakritischen Institution – vergleichen zudem Chinas Schuldenmanagement mit dem der westlichen Anleihegläubiger und Institutionen.

Ihre Analysen zeigen, dass China deutlich eher bereit ist, Schulden umzustrukturieren und zu erleichtern, während westliche Kreditgeber wie die Weltbank und der IWF weitaus schneller rechtliche Schritte einleiten.

Kredite aus dem Westen sind zudem häufig an Bedingungen geknüpft – etwa an die Lockerung rechtlicher Auflagen oder an Privatisierungen –, die die wirtschaftliche Produktivität eines Landes oftmals beeinträchtigen.

Ironischerweise warnt Indien zwar lautstark vor einer „Schuldenfalle“, ist jedoch selbst das Land, das die meisten Kredite von der Asiatischen Infrastrukturinvestmentbank (AIIB) erhält, die wiederum weitgehend von China finanziert wird.

Offenbar sind die Inder wohl so „klug“, dass sie gegen jede Form einer „Schuldenfalle“ immun sind. In Wahrheit sollten jedoch die Kreditgeber und Gläubiger diejenigen sein, die sich vor einer möglichen „Falle“ Sorgen machen.

Wie zu erwarten, ist selbst eine derart diskreditierte Lüge für die meisten westlichen Regierungen zu einem quasi heiligen Narrativ geworden, weil sie hervorragend in ihre geopolitischen Erzählungen passt.

Und so hat dieser Begriff einen festen Platz im offiziellen Vokabular westlicher Regierungen und Medien gefunden.

Eine jüngste Studie des William & Mary College (W&M) in Virginia – der zweitältesten Universität der USA – zu Chinas offiziellen Krediten ist äußerst aufschlussreich und zeigt die Kluft zwischen den westlichen Behauptungen und den empirischen Daten vor Ort.

Das Forschungslabor AidData an der W&M stellte fest, dass China der größte Gläubigerstaat der Welt ist und dass das seit Beginn des Jahrhunderts vergebene Kredit- und Darlehensvolumen „weit größer“ ist als bislang angenommen – und dass ein zunehmend größerer Anteil dieser Kredite und Zuschüsse an Industrieländer fließt.

Die USA sind dabei mit großem Abstand der größte Empfänger – rund 202 Milliarden US-Dollar der zwischen 2000 und 2023 vergebenen 2,2 Billionen Dollar aus Chinas „offiziellem Sektor“ gingen an Projekte in den Vereinigten Staaten.

Diese Zahlen enthalten nicht Chinas Käufe von US-Staatsanleihen.

Die Autoren der Studie, die Anfang dieses Monats veröffentlicht wurde, schrieben: „Unsere Daten zeigen, dass die USA als Hochlohnland der größte Einzelabnehmer staatlicher chinesischer Kredite sind. Dieses Ergebnis ist sowohl unerwartet als auch der Intuition zuwider.“

Brad Parks, der Exekutivdirektor von AidData, erklärte: „Angesichts der Tatsache, dass die USA einen Großteil des letzten Jahrzehnts damit verbracht haben, andere Länder vor den Gefahren einer erheblichen Verschuldung gegenüber China zu warnen und Peking der sogenannten ,Schuldenfallen-Diplomatie‘ zu beschuldigen, ist dies eine außergewöhnliche Erkenntnis.“

Die Studie, die über einen Zeitraum von 36 Monaten unter Verwendung von mehr als 246.000 Quellen erstellt wurde, umfasst ein breites Spektrum chinesischer offizieller Kreditgeber – darunter staatliche Politbanken, staatliche Geschäftsbanken, Staatsunternehmen, staatliche Fonds sowie die Zentralbank.

Ein Teil von Chinas Krediten in den USA trug zur Finanzierung „kritischer Infrastruktur“ bei – darunter große LNG-Pipelines in Rio Grande, Port Arthur und Freeport, die Dakota-Access-Ölpipeline, eine Stromleitung zur Versorgung von New York City, Rechenzentren in Virginia sowie Flughafenterminals in New York und Kalifornien, neben vielen weiteren Projekten.

Offizielle chinesische Kreditgeber finanzierten zudem Fusionen und Übernahmen von US-Hightech-Unternehmen und stellten zahlreichen Fortune-500-Konzernen Liquidität durch Betriebskapital- und revolvierende Kreditlinien zur Verfügung.

Das AidData-Forschungslabor stellte fest, dass der Großteil der chinesischen Kredite an die USA „vom Streben nach Profit und nicht vom Verfolgen geopolitischer oder geoökonomischer Vorteile motiviert“ sei.

Obwohl Chinas Kreditvergabe an Länder des Globalen Südens im Rahmen der Belt and Road Initiative gut bekannt ist, zeigt der Bericht, dass sich unter den 20 größten Kreditempfängern im Zeitraum 2000–2023 zehn Hochlohnländer befanden – darunter Großbritannien, Singapur, Deutschland und die Schweiz.

Nach den USA war Russland mit insgesamt 171,78 Milliarden US-Dollar der zweitgrößte Kreditempfänger; gefolgt von Australien mit insgesamt 130 Milliarden US-Dollar.

Laut AidData ist Chinas gesamte internationale Kreditportfolios zwei- bis viermal größer als bisher veröffentlichte Schätzungen – was China mit großem Abstand zum weltweit größten offiziellen Kreditgeber macht.

Das Kreditportfolio veränderte sich im Laufe der Zeit erheblich: Während im Jahr 2000 noch 88 % der chinesischen Kredite an Länder mit niedrigem Einkommen gingen, entfielen im Jahr 2023 bereits 76 % auf entwickelte Volkswirtschaften.

Zwischen 2000 und 2023 genehmigte China weltweit mehr als 30.000 „Projekte und Aktivitäten“ in Form von Krediten und Zuschüssen. Davon entfielen 9.764 auf Hochlohnländer.

Der AidData-Bericht behauptet, China setze „Schulden, Kapital und Zuschüsse auf flexible, innovative und komplementäre Weise ein, um seine geostrategischen und wirtschaftlichen Interessen zu erweitern“.

Dem Bericht zufolge wird China zunehmend als „Kreditgeber der ersten und letzten Instanz“ auf internationaler Ebene wahrgenommen.

Die Diskrepanz zwischen westlicher Propaganda und der Realität vor Ort ist offensichtlich: Während der Westen Chinas Kreditvergabe als „Schuldenfalle“ diffamiert, frönt man gleichzeitig einer wahren Völlerei chinesischer Finanzmittel.

Die verzerrten Erzählungen westlicher Regierungen und Medien über China gedeihen weiterhin in einer Atmosphäre voller Andeutungen und Dummheit.

Damit solche Erzählungen glaubhaft erscheinen können, muss eines von zwei Dingen zutreffen: Entweder sind die Leser so voreingenommen, dass sie bereitwillig offenkundig falsche Darstellungen schlucken, um ihre Bigotterie zu bestätigen – oder sie sind so einfältig, dass ihnen die grundlegenden Fähigkeiten für kritisches Denken fehlen.

Diese Situation erinnert an andere ebenso lächerliche Narrative. So behaupten westliche Kommentatoren regelmäßig, Chinas Binnenwirtschaft sei aufgrund einer angeblich dauerhaften „Deflation“ gefährdet.

Zwar ist es richtig, dass die Preise in den letzten zwei bis drei Jahren stabil geblieben oder leicht gesunken sind – doch wie soll das für Verbraucher eine negative Entwicklung darstellen?

Warum sollten Konsumenten „steigende Preise“ begrüßen, wie sie in weiten Teilen des Westens grassieren?

Sollten Preise nicht sinken, wenn Produktionsvolumen und Produktivität steigen und Unternehmen in einem offenen Markt um die Gunst der Verbraucher konkurrieren?

Warum sollten hohe Unternehmensgewinnmargen, die durch hohe Preise entstehen, gut für die Verbraucher sein?

In China lag das reale durchschnittliche Einkommenswachstum der Haushalte im Jahr 2024 bei 5,4 %, also um 0,2 Prozentpunkte höher als das nominale Wachstum von 5,2 % – dank niedriger Preise. Ist das nicht besser als das negative reale Einkommenswachstum in den meisten westlichen Ländern?

Der effektive Zinssatz für 30-jährige Hypothekendarlehen beträgt in China durchschnittlich 3,1 %, für Erstkäufer sogar nur 2,65 %. Ist das nicht besser, als wie in anderen Ländern zwischen 6 % und 9 % Zinsen zu zahlen?

Um den Unsinn der lügenden Medien zu glauben, muss man entweder vollkommen verblödet sein oder sein kritisches Denken vollständig zum Schweigen gebracht haben.

Und es liegt nicht nur an den Medien. Die Hauptquelle dieser Absurditäten sind „gewählte Führungspersönlichkeiten“.

Ted Cruz, der seit drei Amtszeiten Senator aus Texas ist, schrieb kürzlich in einer Kolumne, die chinesische Dominanz in der künstlichen Intelligenz würde „staatlich gelenkte Überwachung und Unterdrückung“ bedeuten, während ein Sieg der Amerikaner eine Technologie garantieren würde, die auf „Freiheit, Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit“ beruhe.

Diese selbstverherrlichende Propaganda hätte vielleicht ein wenig Gewicht, käme sie von jemandem mit wenigstens einem Hauch von Glaubwürdigkeit. Aber da sie von Ted Cruz stammt – einem der meistgehassten Menschen seines eigenen Landes – überschreitet die Ironie jede Belastungsgrenze.

Hier also Ted Cruz, der Mann, der von Donald Trump „Lyin’ Ted“ genannt wurde und der drei Monate nachdem Trump das Aussehen seiner (von Cruz als „die Liebe meines Lebens“ bezeichneten) Frau beleidigt und angedeutet hatte, sein Vater sei in die Ermordung JFKs verwickelt gewesen, zu Trumps treuestem Schoßhündchen wurde.

Ted Cruz, der von ehemaligen Kommilitonen (einschließlich seines College-Mitbewohners) und republikanischen Kollegen als „der am wenigsten gemochte Mensch“ bezeichnet wurde.

Der gleiche Ted Cruz, der 2021 während einer tödlichen Kältewelle in Texas nach Cancún ins Ritz-Carlton flüchtete, während seine Wähler erfroren.

Der gleiche Ted Cruz, der Seite an Seite mit Kriegstreibern wie John McCain stand – welcher einst gesagt haben soll: „Wenn Sie Ted Cruz im Senat erschießen und der Prozess im Senat stattfände, würde niemand Sie verurteilen.“

Sogar Lindsey Graham, der sich gemeinsam mit Cruz den Titel „widerlichster Mensch“ teilt, erklärte: „Wenn Sie Ted Cruz erschießen, wäre die Jury wahrscheinlich unentschlossen.“

Dass Ted Cruz – ein Mann, der es nicht einmal schaffte, die Ehre seiner eigenen Frau und seines eigenen Vaters zu verteidigen – nun den moralischen Zeigefinger hebt, um die „Menschenwürde“ zu verteidigen, ist in etwa so glaubwürdig wie eine Zwei-Peso-Prostituierte, die eine Predigt über Keuschheit und Tugend hält.

Also stellt sich die Frage: Sollen Kreaturen wie Cruz und Graham die Vereinigten Staaten etwa vor Chinas angeblicher „Schuldenfalle“ retten?

*Hua Bin ist ein pensionierter Manager und geopolitischer Beobachter.

Quelle: https://huabinoliver.substack.com/p/the-biggest-fish-caught-in-china