Afrikanische Kinder im Zentrum von Klimagerechtigkeit und Souveränität

Reparative Wiedergeburt:

Afrikanische Kinder im Zentrum von Klimagerechtigkeit und Souveränität

Einleitung

Im Juli 2025 hielt der Internationale Gerichtshof zum ersten Mal seit Jahrzehnten Anhörungen über die Klimaverantwortung der Staaten ab. Der vorsitzende Richter bezeichnete den Klimawandel als „dringende und existenzielle Bedrohung“ und erkannte an, dass zukünftige Generationen im Zentrum dieser Krise stehen. Doch die Anhörungen scheiterten daran, die am stärksten betroffene Gruppe – Kinder, die in wirtschaftlich benachteiligten Ländern geboren werden, insbesondere in Afrika – ausdrücklich in den Mittelpunkt zu stellen.

Jede Generation wird durch die Bedingungen geprägt, unter denen sie in die Welt kommt. In Afrika werden Millionen Kinder nicht nur in Armut geboren, sondern in eine geopolitische Ordnung, die ihr Überleben sowie ihre Chancen auf Würde und Einfluss systematisch einschränkt. Dies ist nicht lediglich ein Versagen lokaler Regierungsführung; es ist das Ergebnis globaler Systeme, die Ausbeutung belohnen und Schwarzes Leben entwerten. Afrikanische Kinder kommen inzwischen in eine miteinander verflochtene Krise zur Welt: ökologischer Zusammenbruch, ökonomischer Neokolonialismus und die anhaltende Verweigerung reproduktiver Gerechtigkeit.

Wenn Klimagerechtigkeit mehr sein soll als nur ein Diskurs, muss sie bei der Geburt selbst beginnen. Reformen, die sich nicht mit den globalen Strukturen auseinandersetzen, welche das Leben afrikanischer Kinder bereits vorbestimmen, bleiben reine Symbolpolitik – und strukturelle Gewalt setzt sich fort. Eine gerechte Welt darf nicht auf dem Rücken von Kindern entstehen, sondern muss ihre Menschlichkeit und politische Subjektivität von Anfang an anerkennen.

Geburt als Legitimitätstest

Jedes Rechtssystem, das Autorität über seine Bevölkerung beansprucht, muss seine Legitimität durch gerechte Ermächtigung seiner Menschen gewinnen. Diese Legitimität beginnt bei der Geburt. Doch die Geburt afrikanischer Kinder wurde seit Langem von ihrem politischen Gehalt entleert. Der globale Diskurs privatisiert Geburt und behandelt sie als rein individuelle Angelegenheit statt als gemeinsame Verantwortung. Diese Erzählung verschleiert die Wahrheit: Geburtsergebnisse sind durch jahrhundertelange koloniale Ausbeutung, rassialisierten Kapitalismus und den heutigen Klimakollaps strukturiert.

Afrikanische Staaten sind an die Afrikanische Charta über die Rechte und das Wohlergehen des Kindes, das Maputo-Protokoll sowie die UN-Kinderrechtskonvention gebunden. Diese rechtlichen Grundsätze sind keine abstrakten Ideale; sie prägen direkt die Bedingungen, unter denen Millionen afrikanischer Kinder geboren werden. Wenn Legitimität bei der Geburt verweigert wird, sind Kinder einem höheren Risiko von Unterernährung, unzureichender Gesundheitsversorgung und eingeschränkten Bildungsmöglichkeiten ausgesetzt – strukturelle Ungleichheiten werden so zur täglichen Realität, nicht zu einem fernen politischen Problem. Doch diese Verpflichtungen werden ständig durch Schuldenverhandlungen in Washington, Auflagen europäischer Entwicklungsprogramme in Brüssel und fossile Investitionsabkommen in London und Peking untergraben. In der Folge wurde Geburt in Afrika kolonialisiert; ihre Ergebnisse werden nicht durch Eltern oder Gemeinschaften bestimmt, sondern durch Verwaltungsräte und Parlamente jenseits der Ozeane. Dies ist keine theoretische Beobachtung: Mit den zunehmenden Kürzungen der Entwicklungs- und Ernährungshilfe sehen sich Millionen Kinder auf dem Kontinent Hunger und Unterernährung ausgesetzt.

Afrikas Kindern steht eine Klimaschuld zu

Die IPCC-Aktualisierung Kinder und Klima 2025 bestätigte, was Familien auf dem Kontinent längst wissen: Weltweit sind über 450 Millionen Kinder extremen Klimarisiken ausgesetzt – und Subsahara-Afrika trägt die schwerste Last. Allein im Jahr 2025 litt Lagos unter tödlichen Hitzewellen, in Malawi kehrten nach Überschwemmungen Choleraausbrüche zurück und in Niger wurden Hungersnöte ausgerufen, nachdem unregelmäßige Regenfälle den Ertrag zerstört hatten. Dies sind keine künftigen Risiken; sie prägen bereits jetzt den ersten Atemzug von Millionen afrikanischer Kinder.

Über Jahrzehnte profitierten wohlhabende Staaten vom industriellen Wachstum, während sie ökologische und ökonomische Schäden exportierten. Heute erben afrikanische Kinder eine Krise, die sie nicht verursacht haben; sie werden in Hitze, Hunger und Vertreibung hineingeboren. Und dennoch betrachtet der globale Klimarahmen sie kaum als Anspruchsberechtigte, die Wiedergutmachung fordern können. Stattdessen behandeln Finanzierungsmechanismen afrikanische Staaten weiterhin als passive Empfänger. Noch problematischer ist, dass BIP-Kennzahlen und CO₂-Kompensation höher bewertet werden als das, was wirklich zählt: jedem Kind einen sicheren, nährenden und ökologisch gesunden Start ins Leben zu garantieren.

Die extremen Klimafolgen, denen Kinder in Afrika ausgesetzt sind, sind keine zufälligen Unglücke; sie sind die materiellen Konsequenzen der oben beschriebenen strukturellen Ungleichheiten und der verweigerten Legitimität. Sie zeigen, wie systemische Vernachlässigung und globale Machtungleichgewichte die Bedingungen ihrer Geburt bestimmen.

Reproduktive Gerechtigkeit und Klima-Anpassungspolitik

Um diese Schäden zu beheben, müssen wir eine Doktrin der „reparativen Familiengerechtigkeit“ annehmen. Diese Doktrin beruht auf drei Wahrheiten. Erstens: Geburten­gerechtigkeit ist ein Menschenrecht und eine Bedingung von Souveränität – kein Staat kann Legitimität beanspruchen, wenn Kinder keinen Zugang zu Gesundheit, Bildung oder Sicherheit haben. Zweitens: Reichtum, der auf kindlicher Entbehrung beruht, ist illegitim und muss durch Umverteilung der Ressourcen repariert werden, die aus kolonialer Extraktion und ökologischer Ausbeutung angehäuft wurden. Drittens: Kinder sind politische Subjekte mit eigenem Status, und ihre Rechte umfassen das Anfechten der Bedingungen, unter denen sie geboren werden, sowie das Einfordern von Rechenschaft – sowohl von Staaten als auch von Unternehmen.

Diese Doktrin hat reale Anwendungsbereiche. In einer beim Afrikanischen Gerichtshof für Menschenrechte und Rechte der Völker anhängigen Petition fordern die Petenten – darunter auch meine Organisation, die Fair Start Movement – verbindliche internationale Standards für gleiche Geburtsbedingungen, die an Klimafinanzierung und Entwicklungshilfe geknüpft sind. Mit Klimareparationen und Zahlungen für Verlust und Schaden finanzierte öffentliche Kapitalgarantiefonds könnten das Wohlergehen von Kindern über Generationen hinweg absichern. Transparenzgesetze, die Unternehmen und Regierungen verpflichten, offenzulegen, wie ihre Handlungen Geburt und frühe Entwicklung beeinflussen, würden vage „Nachhaltigkeits“-Versprechen in durchsetzbare Verpflichtungen verwandeln.

Reproduktive Gerechtigkeit in Afrika muss daher den Zugang zu universellen reproduktiven Gesundheitsdiensten einschließen – einschließlich der psychischen Gesundheit von Müttern und einer sicheren Geburt. Sie muss zudem klimaresiliente Politiken umfassen, die Sorgeökonomien und unbezahlte Care-Arbeit wertschätzen. Die Sicherung von Landrechten für Frauen und Kinder bedeutet, ihre Rolle als ökologische Hüter und Verteidiger der Souveränität anzuerkennen. Ohne diese Reformen bleibt die Rhetorik der „Entwicklung“ leer.

Die Zukunft zurückerobern

Globale Systeme können beginnen, ihre Legitimität wiederherzustellen, indem sie auf reparative und reproduktive Gerechtigkeitsrahmen setzen – und so sicherstellen, dass afrikanische Kinder in Würde, Sicherheit und mit realen Chancen geboren werden. Nur indem wir die Geburtsgerechtigkeit ins Zentrum rücken, können wir eine Zukunft zurückgewinnen, in der das Leben eines Kindes nicht länger durch strukturelle Vernachlässigung oder ökologische Schäden vorbestimmt wird.

Die wahre Legitimität globaler rechtlicher, politischer oder wirtschaftlicher Systeme wird nicht durch Verträge oder Reden gemessen, sondern durch die Lebensmöglichkeiten eines Kindes, das in Lusaka, Lagos oder Monrovia geboren wird. Der Zugang dieses Kindes zu sauberer Luft, sicherem Wohnraum, nahrhafter Nahrung und früher Bildung ist der präziseste Prüfstein unserer Werte.

Die heutige Welt sitzt auf einem Berg aus verletzten Geburtsrechten und ökologischer Ausbeutung. Dieses Erbe zu beseitigen bedeutet, Geburtsgerechtigkeit zum Grundpfeiler globaler Politik zu machen. „Reparative Wiedergeburt“ ist keine Metapher, sondern ein Anspruch auf Souveränität, der mit der Geburt beginnt – ein Verständnis von Gerechtigkeit, das auch die Ungeborenen einschließt, und ein Ruf nach einer Zukunft, in der kein Kinderleben den Interessen anderer geopfert wird. Afrikanischen Kindern schulden wir nicht nur ihr Überleben, sondern Gerechtigkeit. Und Gerechtigkeit beginnt in dem Moment, in dem sie die Welt betreten.

*Esther Afolaranmi ist Juristin, humanitäre Helferin, Forscherin und Autorin. Sie ist Co-Direktorin der Fair Start Movement.

Quelle: https://observatory.wiki/Reparative_Rebirth:_African_Children_at_the_Heart_of_Climate_Justice_and_Sovereignty